Kein Paket für Tiere

■ Post und Bahn befördern kein „Sperrgut Biene“ mehr / Imker schwer erschüttert

Trari, trara... Falsch! Das hohe Lied der Post wird kein Vogelzüchter mehr singen. Seit dem 1. Juli wird keine Taube mehr per Post befördert. Kein Vogel, kein Meerschweinchen, kein Hundewelpe geht mehr auf die frankierte Reise. So beschloß es just die Deutsche Post AG.

„Dem Druck der Tierschützer nachgegeben“, trompetet die Post im hauseigenen Mediendienst, gesteht aber gleichzeitig, daß dies nicht ganz freiwillig geschah. Bis Ende 1996 nämlich müssen die EU-Richtlinien für Tiertransporte von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, schreibt die Post Press. „Nach den Ende Juni beschlossenen Vorschriften gilt nun 'grundsätzlich', daß der Transport von Tieren nach 8 Stunden Dauer für mindestens 24 Stunden unterbrochen werden muß.“

Das kann die Deutsche Post AG nicht leisten. Wo auch sollte sie die etwa 50.000 Tiersendungen pro Jahr zum 24-stündigen Zwischenschlaf lagern? Welcher Beamte würde die Mäuse, Karnickel und Wellensittiche füttern? Bisher war das kein Problem: Selbst die kleinsten Nager wurden am Schalter als „Sperrgut“ deklariert, und ab ging die Post. Trotz Eilzustellungshinweis konnte das aber zur Weihnachts- oder Osterzeit schon mal dauern. Zumal die Tiertransporte nicht über die Förderbänder, sondern „im Handbetrieb mitliefen“, sagt der Bremer Pressesprecher Karl-Heinz Antelmann.

Die Postbediensteten, versichert er, hätten sich stets bemüht. Sie achteten darauf, daß die Päckchen „nicht bei minus 20 Grad draußen oder mitten auf der Zentralheizung“ gelagert wurden, reichten auch mal Wasser und Futter durch in die Kartons. „Aber“, blickt er zurück, „ideal war das nie“. Schon weil einige TierverschickerInnen die eigentlich niedrigen Gebühren scheuten: Der Grundpreis von bis zu 16,50 (bei 20 Kilo) plus Sperrgut- plus Schnellzuschlag (16 Mark) - das erschien manchem Tierfreund zu hoch, und er deklarierte das Kleinvieh, Vorschrift hin oder her, als normales Päckchen. Mancher gab auch, bewußt oder unbewußt, eine falsche Adresse an. „Das Tier trat dann ohne ausreichende Nahrung und Wasser die Rückreise an.“ Daß Tiere auf die Weise qualvoll starben, war selten, kam aber vor, sagt Antelmann.

Er ist froh, daß damit jetzt Schluß ist. „Unzumutbar“ sei der Transport für die Tiere schon, weil das neue Transportsystem der Post AG eine zunehmende Automatisierung bei der Beförderung der Pakete vorsieht, die in Containern verstaut werden. Und darin „können angemessene Belüftung und Raumtemperatur nicht garantiert werden“.

Dasselbe gilt für die Deutsche Bahn AG, die ebenfalls auf Container um- und seit dem 1. Juli den Tiertransport abstellte. „Das kann man Tieren nicht zumuten“, sagt Wolfgang Aßmann vom Expreßdienst, „wir sind doch keine Schlepper“. Millionen von Karnickeln, Tauben, Katzen und anderen Objekten der Zuchtbegierde verfrachtete die Bahn alljährlich, 6 Kilo für gut 30 Mark. Und nun? Jetzt, sagt Wolfgang Aßmann, müssen die Züchter auf private Speditionen umsteigen. Das ist so teuer, daß Wolfgang Aßmann schon selbst überlegt hat, ob er eine Firma für Tiertransporte aufmacht: „Da könnte man jetzt gut dran verdienen.“

Die ImkerInnen aus Achim sind stinksauer über die Entwicklung bei Bahn und Post. „Für uns ist das eine Katastrophe“, schimpft Alex Tschirner, Vorsitzender des Imkervereins. Bislang schickte der seine Bienenköniginnen per Post zur Bienenhochzeit auf die ost- und nordfriesischen Inseln. Eine dort befruchtete Biene ist etwa 100 Mark wert, andere nur die Hälfte. Aus, vorbei das Inselgeschäft, Achims ImkerInnen bangen um die Zucht. „Wenn wir durch private Firmen die Bienen etwa auf die Hallig Langeneß bringen ließen, wäre das teurer, als wenn wir selbst die Ochsentour antreten würden.“ Einziger Ausweg: Die Bahn würde transportieren, wenn die AchimerInnen einen ganzen 10-Tonnen-Waggon pro Biene anmieten. Tschirner: „Das ist wohl ein wenig zu aufwendig.“ dah