Es bewegt sich was! Von Klaudia Brunst

Natürlich waren auch wir von den Bildern des letzten Wochenendes äußerst beeindruckt. „Siehst Du!“, meinte meine Freundin triumphierend, „die tun doch was, die Leute!“ Dabei sei der Ozonalarm doch in der Nacht noch gar nicht ausgerufen gewesen. Und trotzdem hätten sich alle vorbildhaft dran gehalten, das selbstverordnete Tempolimit auf Autobahnen einzuhalten. Eine beeindruckende Demonstration ökologischen Bewußtseins sei das. Endlich würde sich etwas bewegen, meinte sie, und daß sie erst neulich gelesen habe, 77 Prozent der Bevölkerung würden einem Tempolimit bei Ozonalarm zustimmen.

„Nun“, versuchte ich ihre Euphorie etwas zu bremsen, „strenggenommen hat sich auf der Frankfurter Autobahn ja gestern nacht gar nichts bewegt. Was Du für ein ökologiebewußtes Tempolimit hältst, ist letztlich nichts anderes als der übliche Ferienanfangstau! Wenn die gekonnt hätten“, schloß ich kritisch, „hätten die sicher auch voll auf die Tube gedrückt.“

Trotzdem hatte die Staumeldung auch in meinen Augen etwas Tröstliches: „Alle die, die dieses Wochenende gefahren sind, können uns in vierzehn Tagen nicht mehr behindern“, meinte ich mit Blick auf unseren diesjährigen Dänemark-Urlaub. „Da kommen wir dann gut durch und können selbst schön draufdrücken.“

Gerade als sich meine Freundin über mein „völlig unterentwickeltes Umweltbewußtsein“ beschweren wollte, klingelte es am Telefon. Auch unser schwuler Freund hatte offenbar auch gerade die Tagesschau eingeschaltet. „Mann!“ meinte er aufgeregt, „seht ihr das? Das wird ja übernächste Woche die reine Katastrophe!“ Letztlich habe er es ja sowieso geahnt, daß das mit uns nicht gutgehen könnte: „Ferien mit meinem Exfreund, zwei Sandkastenlesben und einem Hund – ich hätte wissen müssen, daß das zu keinem guten Ende kommt!“

Ich beruhigte ihn, so gut ich konnte. Unterbreitete noch einmal meine Theorie vom antizyklischen Urlaubsantritt und schloß mit den spaßig gemeinten Worten „Keep cool! Wenn Ozonarlarm ist, kommen wir hier eh nicht weg. Mein Auto hat nämlich keinen Kat!“

Ich hätte wissen müssen, daß die beiden bei dieser Affenhitze keinen Sinn für meine Scherze haben würden. Statt eines kleinen ironischen Lächelns erntete ich nur das pure Entsetzen: „Glaubst Du wirklich, das können die machen?“ fragte mein schwuler Freund tonlos durch den Hörer und selbst meine Freundin wechselte schlagartig die Gesichtsfarbe. „Alte Scheiße! Ist das Ozongesetz etwa schon durch?“

„Das können die doch nicht mit uns machen!“ tobte mein Freund weiter durch den Hörer. „Da will man einmal im Jahr in aller Ruhe in Urlaub fahren, einmal abschalten, an gar nichts denken, nicht an die gelbe Tonne, nicht an die Homo-Ehe, nicht an das Ozonloch – und dann das!“

Irgendwie fand ich nun doch, daß das Gespräch eine recht seltsame Wendung nahm. „Habt ihr nicht erst neulich gemeint, das Ozongesetz sei viel zu lasch und daß Benzin eigentlich fünf Mark kosten müßte, um die Leute endlich vom Autofahren abzuhalten?“

„Was“, stöhnte mein Freund durch den Hörer, „hab ich das richtig verstanden? Benzin kostet fünf Mark? Auf den Kohl kann man sich auch nicht mehr verlassen.“