BMW schafft Akkordlohn ab

■ Künftig zählt auch in Automobil- arbeiters Lohntüte: Klasse statt Masse

Berlin (taz) – Als erster Autohersteller werden sich die Bayerischen Motoren-Werke vom reinen Akkordlohn verabschieden. In einem Bericht des Manager-Magazins sagte BMW-Personalvorstand Helmut Niederhofer: „Wir erwarten von unseren Mitarbeitern ganz andere Fähigkeiten als vor zehn Jahren. Das alte Akkordsystem hat nur die Stückzahl belohnt.“ Die Beschäftigten erhalten weiterhin ihr Grundgehalt, auf das jetzt neben der Stückzahl auch für die Qualität Prämien gezahlt würden.

Der Gesamtbetriebsrat hat der neuen Regelung schon Ende Juni zugestimmt, sie tritt ab dem 1. Januar 1996 für etwa 22.000 ArbeiterInnen in den fünf BMW-Werken München , Regensburg, Berlin, Landshut und Dingolfing in Kraft. Über tausend Beschäftigte erproben das System schon seit dem 1. Juli.

Fast alle Arbeiter würden durch die neue Regelung bessergestellt, meinte Unternehmenssprecher Walter Glogauer. Als Standard gelten bei BMW schon bisher Zulagen von 35 Prozent auf den Tariflohn. Künftig legt jeder Gruppenleiter für seine Kollegen eine standardisierte Checkliste mit sogenannten Funktionsbildern an, mit der die individuelle Qualität der Arbeit bewertet wird. Nicht nur harte Stückzahlen, sondern auch „weiche Faktoren“ wie Flexibilität und Eigeninitiative der einzelnen werde betrachtet. Wer zum Beispiel einen neuen Kollegen gut einarbeitet oder wer gerne aushilft, wenn es irgendwo zwickt, wird besser bezahlt. Bis zu 3.600 Mark mehr im Jahr können so jährlich in die Lohntüte gelangen.

„Eine Vorreiterrolle, davon können selbst die Japaner lernen“, so Manfred Schoch, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates. Dazu Unternehmenssprecher Glogauer: „Die Diskussion um den Standort Deutschland konzentriert sich viel zu sehr auf Kostensenkungsprogramme und den Personalabbau. Wir denken da anders.“ Alles paletti für alle also? Nicht ganz. Ab Mitte nächsten Jahres wird einmal jährlich die Einstufung überprüft. Diejenigen, die gemäß dem neuen Lohnsystem ihre „Sollstufe“ nicht erreichen, finden dann monatlich 94 Mark weniger auf der Lohnabrechnung.

Die Neuregelung hat laut BMW Pilotcharakter für die Bürojobs: Wenn sie sich bewährt, wird sie in abgewandelter Form auch für die Angestellten eingeführt. Eine Sekretärin und ein Maschinenbediener arbeiten beide vor allem am Computer. Daß sie unterschiedlich eingruppiert werden, sei nicht mehr zeitgemäß. Die geschätzten 20 Millionen Mark Mehrkosten jährlich für die Qualitätszulage kommen laut Sprecher Glogauer leicht wieder rein, weil sie die Motivation der Mitarbeiter erhöhe und zu weniger Reklamationen führe. rem