piwik no script img

Wir müssen leider draußen bleiben

■ Außenminister Kinkel will aus Sorge um den inneren Frieden keine weiteren Bürgerkriegsflüchtlinge mehr in Deutschland sehen – die bosnischen Serben vertreiben derweil die Menschen aus Žepa

Sarajevo/Bonn (AFP/AP/dpa/taz) – Bundesaußenminister Klaus Kinkel ist dagegen, daß weitere Bosnien-Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Während die bosnischen Serben die Vertreibung der Muslime immer professioneller organisieren, während Žepa vor dem Fall steht oder schon gefallen ist – sorgt sich der deutsche Außenminister um die Ruhe der deutschen Bevölkerung. „Das wäre etwas, was die Bevölkerung hier aufbringen würde“, so Kinkel gestern in Stuttgart. Ganz anders dagegen der ehemalige NRW-Innenminister Herbert Schnoor: Es sei angesichts des Versagens des Westens die „letzte moralische Verpflichtung“, diesen Menschen beizustehen.

Bereits gestern vormittag standen in der ehemaligen UN-Schutzzone Žepa sechzig Busse bereit, um eine erste Gruppe der dort lebenden 17.000 Menschen in Flüchtlingslager auf bosnisch kontrolliertes Gebiet zu bringen. „Evakuiert“ werden sollten nach Angaben des bosnisch-serbischen Oberbefehlshabers Ratko Mladić zunächst Verwundete, Kranke, Kinder und Frauen. Alle Männer zwischen 18 und 55 Jahren seien jedoch Kriegsgefangene und könnten in den nächsten Tagen gegen serbische Soldaten, die von der bosnischen Armee festgehalten werden, ausgetauscht werden. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen bereitete sich gestern auf die Ankunft der Menschen aus Žepa vor. Ob UN-Blauhelme die Busse aus Žepa begleiten können, war gestern jedoch unklar.

Der bosnische Präsident Alija Izetbegović hatte der „Evakuierung“ gestern zugestimmt, dies solle aber nur für die Kranken und Frauen gelten. Vorausgegangen waren wiederholte Meldungen der Serben, die UN-Schutzzone befinde sich bereits in ihren Händen. Noch gestern nachmittag erklärte Izetbegović jedoch, die Enklave werde weiterhin verteidigt.

Noch vor der endgültigen Eroberung Žepas gaben die Serben bereits das nächste Ziel ihrer Angriffe bekannt. Radovan Karadžić forderte die bosnische Regierung auf, die UN-Schutzzone Goražde zu räumen, die sonst „umgehend“ erobert werde. Zugleich zeigte der Serbenchef sich aber auch großmütig: Er sei bereit, das ostbosnische Gebiet gegen einige Stadtteile von Sarajevo einzutauschen. In einem späteren Friedensabkommen könnte man dann die Teilung Sarajevos endgültig besiegeln. her

Bericht und Interview auf Seite 8

Kommentare auf Seite 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen