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: Warum in der taz nichts stand

Welches Recht hat ein Politiker auf Diskretion? Geht es die Öffentlichkeit etwas an, für welche Freunde er sein Haus öffnet und ob die hetero- oder homosexuell sind?

Seit Monaten ist der Verdacht, im Privathaus des CDU-Abgeordneten Helmut Pflugradt habe es eine Vergewaltigung gegeben, in Bremer Journalistenkreisen bekannt. Auch in der CDU-Zentrale wurde der Verdacht gestreut – allerdings nicht, um zur Aufklärung des Falles beizutragen, sondern um dem Politiker Helmut Pflugradt bei seinem vom Landesvorsitzenden Bernd Neumann geförderten Aufstieg zu schaden.

Die taz-Redaktion hat mehrmals über eine Veröffentlichung des Verdachts diskutiert, dann aber – wie andere Bremer Medien auch – darauf verzichtet. Denn obwohl Helmut Pflugradt bei der möglichen Vergewaltigung in seinem Haus als Täter eindeutig ausscheidet, wird jetzt allein schon die öffentlich bekannte private Nähe zu Schwulenkreisen seine politische Karriere in der CDU beenden – egal, ob es überhaupt zu einem Gerichtsverfahren kommt, egal, wie es ausgeht, und egal, welche Rolle er als möglicher Zeuge dabei einnimmt.

Mit der Veröffentlichung durch den Weser-Kurier ist diese Zurückhaltung sinnlos geworden. Das hat auch einen Vorteil: Jetzt ist es möglich, öffentlich zu fragen, warum die Staatsanwaltschaft unter dem neuen Staatsrat für Inneres, von Bock, eigentlich monatelang nicht in der Lage war, die Vorwürfe zu überprüfen. Erst das hatte es ja ermöglicht, mit dem Verdacht innerhalb der CDU Politik zu machen.

Dirk Asendorpf