Existenzminimum wird gedrückt

■ Bremen erarbeitete Alternativen zum Seehofer-Plan

„Er reitet auf einer populistischen Welle“, kritisiert Bremens Sozial-Staatsrat Christoph Hoppensack den Gesundheitsminister Seehofer. Die Reform der Sozialhilfe sei in einigen Punkten sinnvoll, Ziel der Seehofer-Initiative aber sei es, das „Existenzminimum“ in der sozialpolitischen Definition von Armut zu senken.

Das Bremer Sozialressort hat federführend für die SPD-regierten Bundesländer Alternativ-Vorstellungen zur CDU-Reform (vgl. taz 19./20.7.) ausgearbeitet. Kernpunkte: Das Instrumentarium der Arbeitsämter muß auch für Sozialhilfeempfänger gelten, die bisher keinen Zugang zu ABM-Stellen, Einarbeitungszuschüssen und Umschulungen haben.

Zweitens: Das Kindergeld muß erhöht werden. Viele Familien rutschen in die Sozialhilfe, weil das Kindergeld nicht kostendeckend ist und die Kinderfreibeträge für niedrige Einkommen nur wenig zu Buche schlagen. Drittens: Die steigenden Mieten müssen über steigendes Wohngeld abgefedert werden.

Anstatt so die Ursachen für die steigende Zahl von Sozialhilfe-Bedürftigen zu beseititgen, will der CSU-Minister die Sozialhilfe reduzieren. Sie soll langfristig 15 Prozent unter den niedrigsten Lohngruppen liegen. Für Einzelpersonen ist dies bisher auch schon so, dramatisch treffen könnte das aber Familien mit Kindern. Denn in der Sozialhilfe wird der Bedarf für Kinder kostendeckend anerkannt: Eine Familie mit drei Kindern erhält derzeit gut 1.700 Mark Sozialhilfe, auf diesen Netto-Betrag kommt man in den unteren Lohngruppen nicht. Die christlich-sozialen Einsparungen bei der Sozialhilfe könnten sich so vor allem als kinderfeindlich erweisen.

Sowohl Hoppensack als auch die DGB-Vorsitzende Ziegert befürchten, daß Sozialhilfeempfänger auch gezwungen werden sollen, untertarifliche Gegenheits-Arbeiten anzunehmen. Daß auch das Sozialamt in Zukunft Sozialhilfeempfänger mit Lohnkostenzuschuß vermitteln kann, „das ist etwas Vernünftiges“ findet Hoppensack.

Die FinanzsenatorInnen gucken immer vor allem auf den Spareffekt, weiß Hoppensack, im Bundesrat werde Bremen sich wohl der Stimme enthalten, prognostiziert Hoppensack. Die CDU-regierten Länder haben dort auch so keine Mehrheit. Dann geht das Gesetz in den Vermittlungsausschuß. K.W.