Nach Möller nun Krabbe

■ Die RAF-Gefangene Hanna Krabbe stellt Antrag auf vorzeitige Entlassung

Berlin (taz) – 22 Jahre, 4 Monate und 21 Tage saß Irmgard Möller in Haft, bevor sie im Februar vorzeitig entlassen wurde. Vorausgegangen war ein zweijähriger Streit um die Begutachtung des Gesinnungswandels des ehemaligen RAF-Mitglieds. 20 Jahre, 2 Monate und 27 Tage sitzt jetzt Möllers langjährige Mitgefangene Hanna Krabbe in Haft. Sie stellt nun, zum zweiten Mal, einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung – auch ihr steht eine langwierige Auseinandersetzung um die Änderung ihrer Ansichten bevor. Krabbe hat ihren Schritt in einer dreiseitigen Erklärung angekündigt, die das ganze juristisch-politische Problem einer vorzeitigen Entlassung von RAF-Gefangenen verdeutlicht. Sie sei, so schreibt Krabbe, „nicht bereit, eine Situation, in der es [...] um die Kontinuität bewaffneter systemoppositioneller Politik ging, vor dem Richter in legitim und illegitim auseinanderdividieren zu lassen“. Die Richter des OLG Düsseldorf, die über die Entlassung befinden, wollen hingegen die gesetzlich vorgeschriebene Gewißheit, daß „keine Gefahr besteht“, daß Krabbes „durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht“. Schon einmal, 1992, lehnten sie einen Entlassungsantrag Krabbes ab wegen deren „mangelnder Mitwirkung“. Krabbe wollte sich nicht durch einen Gutachter examinieren lassen. Das ist auch nicht unbedingt notwendig, beschied der BGH, die Einstellung der Gefangenen könne auch nach Aktenlage überprüft werden. Nach Aktenlage wurde bereits Lutz Taufer und Karl-Heinz Dellwo die Ungefährlichkeit bescheinigt. Beide hatten zusammen mit Krabbe 1975 die deutsche Botschaft in Stockholm überfallen und wurden im Frühjahr vorzeitig entlassen. Beide hatten allerdings zuvor erklärt, Geiselerschießungen seien als revolutionäres Mittel nicht legitim. Und so eine politische Kritik, moniert Krabbe, „gehört nicht vor den Staatsschutzrichter“. dr