■ Bonn apart: Gewehr bei Fuß, John Lennon!
John Lennon ist 15 Jahre tot und sorgt immer noch für Ärger. John Lennon? Richtig, das war doch der „Gründer der Beatles“, wie die „Cologne Connection“ in einer Petition an den Deutschen Bundestag sicherheitshalber klargestellt hat. Man weiß ja nie, wie gut sich Bonner Politiker in der Kulturgeschichte auskennen. Und die Kölner Interessengemeinschaft mit dem subversiv klingenden Namen hat sich das hehre Ziel gesetzt, das „musikalische und gedankliche Erbe von John Lennon“ zu pflegen.
Also machte die Cologne Connection von dem Recht auf Petitionen Gebrauch und schickte eine Eingabe an die Parlamentarier: Militärische Ehrenbezeugungen bei Staatsempfängen, so die Lennon-Erinnerung- Pfleger, entsprächen nicht mehr dem Zeitgeist und der demokratischen Grundhaltung. Ihre suggestive Frage an die Bonner: „Können Sie sich vorstellen, daß Sie als Gast in friedvoller Absicht zu Freunden kommen und mit Gewehr bei Fuß empfangen werden?“
Ob John Lennon auch der Meinung gewesen wäre, daß zwischen seinem eigenen Wohnzimmer und dem Bundeskanzleramt beziehungsweise Downing Street Nr.10 eigentlich kein großer Unterschied bestand? Egal! Bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion läuteten jedenfalls alle Alarmglocken. Ein Verzicht auf das Militärzeremoniell würde bei den eingeladenen Delegationen „hochpolitische Irritationen“ auslösen und wäre „eine Schande für unser Land und eine Demütigung für unsere Staatsgäste“, schrieb ein Fraktionsreferent an die Petenten.
Also lehnte die Koalitionsmehrheit im Petitionsauschuß die Anregung ab, auf Wunsch der hochgestellten Besucher auf das militärische Zeremoniell zu verzichten. Dabei ist die Petition von geradezu rührender politischer Korrektheit: „Wir wollen, daß zukünftig unsere Staatsgäste von einem gemischten, zivilen, multikulturellen und altersunbegrenzten Chor musikalisch begrüßt werden“, verlangte die Interessengemeinschaft und dachte dabei wohl an so etwas wie „United voices of Bonn“. Die Opposition zeigte sich angetan und wollte die Anregung zur Prüfung weiterleiten.
Cologne-Connection-Gründer ist ein Kölner Friseur und Lennon-Fan mit einer Unterschrift, so schwungvoll wie eine frische Fönfrisur. Ihn überzeugt auch die Argumentation des Auswärtigen Amtes nicht, wonach das Zeremoniell international geltenden Höflichkeitsformen entspreche und das Vorzeigen der Waffen mit leeren Gewehrkammern dem Gast die Friedfertigkeit und Friedensbereitschaft dokumentiere.
Der Haarspezialist setzt weiter auf den Geist John Lennons. Die einzige militärische Formation, für die sich der Musiker je stark machte, ist schließlich die Sergeant Pepper's Lonely Hearts Club Band. Hans Monath
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