Das Sourire wird mühsamer

■ Frankreichs Exporteure nehmen die Boykottaufrufe langsam ernst / Nicht nur Cognac und Champagner bleiben zunehmend in den Regalen, auch Aufträge der Maschinenbauer werden storniert

Berlin (taz/AFP/dpa) – Mit Bangen erwartet mancher Manager in französischen Unternehmen die nächsten Wochen bis zum ersten Atomtest in Moruroa. Noch winken die meisten Verantwortlichen ab, wenn sie nach Auswirkungen von Boykottaufrufen gefragt werden. Aber die Sorgen wachsen, melden doch erste Unternehmen Kündigungen von Aufträgen oder geplatzte Geschäfte. Nicht nur bei Cognac und Champagner ist Frankreich, das seinen Außenhandel in den vergangenen Jahren erfolgreich angekurbelt hat, verwundbar. „Der Handelsboykott könnte uns teuer zu stehen kommen“, warnte das französische Wirtschaftsblatt La Tribune.

In der Spitzenklasse der Exportnationen zu Hause – Verkäufe für mehr als 1.300 Milliarden Franc im vergangenen Jahr ins Ausland –, kann die „Grande Nation“ nur so lange Boykottaufrufe gelassen zur Kenntnis nehmen, wie sie nicht den Lebensnerv treffen. Eher ungläubig lächelten viele Franzosen über eine „Cognac-freie Zone“ in Hamburg oder auf deutschen Nordsee-Inseln. Doch inzwischen sprechen auch die Weinexporteure und die Prêt-à-porter-Firmen von einer „potentiellen großen Gefahr“. Der weltweite Marktführer bei Luxusprodukten, Moät Hennessy-Louis Vuitton (LVMH), macht beispielsweise 85 Prozent des Umsatzes im Exportgeschäft.

Nicht nur bei ihm klingelten die Alarmglocken, als Japans Finanzminister Masayoshi Takemura von der Möglichkeit eines Kaufboykotts sprach und zahlreiche Organisationen in Fernost zum Verzicht auf französische Waren aufforderte. Japan, das die Auswirkungen einer Atombombe erlebt hat und sich daran jetzt anläßlich des 50. Jahrestages erinnert, bewirkte in Paris ein Umdenken.

Japan ist immerhin der neuntwichtigste Kunde Frankreichs. „Wir vertrauen den japanischen Verbrauchern, die die exzellente Qualität der französischen Produkte kennen“, heißt es im französischen Außenministerium. Olivier Eck von der internationalen Handelskammer in Straßburg berichtet hingegen: „Die Japaner wollen sämtliche Verträge annullieren, wenn die Atomtests tatsächlich stattfinden.“

Bei einer Umfrage unter 50 elsässischen Unternehmern stellte Eck eine wachsende Sorge vor den Auswirkungen des Boykotts fest. „Vielen exportorientierten Firmen flattern Protestschreiben ihrer Partner auf den Tisch“, berichtet er. Auch Verträge seien bereits geplatzt. So habe der Hersteller von Sicherheitsschuhen „Lemaitre Securité“ im nordelsässischen La Walck Mitte Juli ein Fax erhalten, in dem ihm sein australischer Lizenznehmer den Vertrag aufkündigte. Angesichts der geplanten französischen Atomtests erscheine eine Vermarktung der Schuhe „sehr schwierig“, begründete die australische Firma Dunlop Footwear die Entscheidung. Gefährdet ist auch ein Vertrag in Höhe von umgerechnet etwa 2,1 Millionen Mark der Maschinenfabrik ECPS in Monswiller, die eine Sterilisierungsanlage nach Australien liefern sollte. Deren Partner habe vor einigen Tagen angekündigt, der Vertrag solle noch einmal „überprüft“ werden. Noch deutlicher bekam ein Mitarbeiter der Industrieanlagenfabrik ACES im oberelsässischen Brechaumont die Verärgerung der Australier zu spüren. Er war nach Auskunft Ecks vor einigen Tagen eigens nach Australien gereist, um einen bereits ausgehandelten Vertrag zu unterzeichnen. Der australische Partner habe den ACES-Vertreter mit der Mitteilung vor die Tür gesetzt, das Geschäft sei geplatzt.

Der wichtigste Handelspartner ist jedoch Deutschland. 1994 lieferte Frankreich laut statistischem Bundesamt in den Sparten Landwirtschaft, Tabak und Ernährung Waren im Wert von über 8,4 Milliarden Mark über den Rhein. Doch weit wichtiger waren Maschinen und Grundstoffe für die Industrie mit fast 49 Milliarden. Die deutschen VerbraucherInnen können die Franzosen zwar nervös machen – richtig gefährden allerdings kann sie eher die Industrie. rem