„Wir müssen bewußter leben!“

■ Eine 17jährige Schülerin über das Wählen, die Politikverdrossenheit von Jugendlichen und politisches Engagement

Nadine Widdecke (17) lebt in Bokensdorf, Niedersachsen, und ist Schülerin eines Gymnasiums.

taz: Wenn jetzt Kommunalwahlen wären, würden Sie hingehen?

Nadine Widdecke: Ja. Ich würde grün wählen. Viele in meinem Alter würden nicht wählen, weil sie nicht genügend informiert sind. Andere würden just for fun hingehen. Die wissen gar nicht, wieviel Macht sie damit haben. Die sind noch nicht reif fürs Wählen.

Wann ist man denn reif genug?

Das läßt sich nicht am Alter festmachen. Wer meint, wählen gehen sei nur ein Spaß, der ist nicht reif.

Und Sie sind soweit?

Ja. Ich fänd's gut, gefragt zu werden, und würde versuchen, mit meiner Stimme Einfluß zu nehmen. Aber man sollte nicht wählen, wenn man für seine Entscheidung nicht auch zur Verantwortung gezogen werden kann – also müßte auch das Volljährigkeitsalter herabgesetzt werden.

Studien besagen, daß zwei Drittel aller Jugendlichen allenfalls mäßig an Politik interessiert sind.

Denen ist die Lust an Politik vergangen, bevor sie zum ersten Mal wählen gehen. Dadurch, daß gerade vor den Wahlen soviel Propaganda im Fernsehen läuft, hört man gar nicht mehr richtig zu und bildet sich keine eigene Meinung. Außerdem hat man ja häufig das Gefühl, Politiker mauscheln bloß so vor sich hin und informieren nicht über das, was sie tun.

Was müßten die ändern?

Es gibt Themen, die viele Jugendliche interessieren, vor allem der Umweltschutz und die Ausländerfeindlichkeit. Die meisten meiner Freunde möchten gerne was an der Umweltverschmutzung ändern. Immerhin ist es ja ihr Leben, über das heute entschieden wird.

Haben Sie Angst vor der Zukunft?

Etwas schon. Die Umweltschäden der letzten hundert Jahre kann man nicht mehr gut machen. Wir müssen bewußter leben. Es ist einfach zu sagen, man kann sowieso nichts ändern, und so weiter zu leben wie bisher. Diese Meinung vertreten auch viele in meiner Klasse. Wir alle müssen uns umstellen: Energie sparen, andere überzeugen, nicht so lange duschen. Das sind so kleine Sachen.

Macht man Politik, wenn man weniger duscht?

Natürlich nicht. Bei großen Umweltaktionen sollte man auch seine Meinung kundtun. Für mich ist es sehr wichtig, andere zu überzeugen. Manchmal gibt's ganz spontan Diskussionen bei Feten — die helfen gegen verbohrte Meinungen.

Sind Sie selbst politisch aktiv?

Ich bin nicht in einer Gruppe engagiert. Dafür habe ich keine Zeit. Ich muß unheimlich viel für die Schule tun und mich um mein Pferd kümmern. Interview: Ole Schulz (27)