Kommentar: Baden im Sommerloch
■ Rein ins reine Vergnügen der Experten
War einst das Baden noch reines Vergnügen, so ist es heute zur reinen Glaubenssache verkommen. Wo ehedem noch kopfüber jede Pfütze besprungen wurde, besteigt man heute klinisch getestete Wassermassen in steril-blauem Klinker. Die Angst geht um. Ohne Gutachten geht heute keiner mehr ins Bad.
Das ist angesichts zunehmender Umweltbelastungen durchaus verständlich, doch wächst die Angst schneller als das Wissen, und das kann auch krank machen. WissenschaftlerInnen bombardieren uns täglich mit neuen Kürzeln und Fremdwörtern, schon von sich aus geeignet, Angst zu machen. Widersprüchliche Theorien tun ein übriges. Populistische Vergleiche, die etwa das Krebsrisiko ins Verhältnis zum Bierkonsum stellen, sollen für Publikumszuspruch sorgen. Das gefällt dem Menschen in seiner Angst, denn hier ist er Mittelpunkt. Er reagiert mit Lust an der Angst – nur deswegen verspricht das Thema für den Stern Auflage. Die Glaubensschlacht um des Pudels Naß muß schließlich er nicht gewinnen.
Offen bleibt, ob man nun ungefährdet im Horner und Stadionbad baden kann. Und was ist mit der Weser, an deren Gestade sich alltäglich Eltern streiten? Die Behörde gab grünes Licht, befragte KinderärztInnen aber versichern uns, sie würden ihre Kids niemals ins Weserwasser tauchen. Somit bleibt, wie es war: Jeder muß selbst entscheiden! Dora Hartmann
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