Umleitung muß umgeleitet werden

■ Verwaltungsgericht: Verkehr neben der Landsberger Allee ist unzumutbar

Der Autoverkehr auf der Landsberger Allee darf während der Bauarbeiten in den nächsten 16 Monaten nicht durch die angrenzenden Friedrichshainer Wohngebiete umgeleitet werden. So entschied gestern nachmittag die 4. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts, nachdem AnwohnerInnen gegen die Umleitung geklagt hatten. Innerhalb der nächsten zehn Tage muß sich der Senat deshalb nun nach einer alternativen Verkehrsführung umsehen, die gleichzeitig den Bedürfnissen der Baustelle nach Verkehrsentlastung und denen der AnwohnerInnen nach einigermaßen ruhigem Schlaf entspricht.

Straßenverkehrsbehörde und Bauverwaltung hätten mit ihrer Umleitungsentscheidung dem behördlichen Ermessen nach nicht einwandfrei gehandelt, hieß es zur Begründung des Urteils. Alternative Verkehrsführungen seien nicht ausreichend geprüft, die zunehmende Lärmbelästigung der Anwohner sei ohne nähere Betrachtung von den Behörden in Kauf genommen worden.

„Die Belange von uns Bewohnern haben den Senat einfach nicht interessiert“, faßte Klägerin Jana Matthes den Ausgang des Prozesses zusammen. Sie ist froh, daß einmal eine Entscheidung gegen die Autolobby gefällt wurde, und freut sich, nun bald wieder durchschlafen zu können. Mit dem Baubeginn an der Landsberger Allee am 10. Juli sei das für die meisten Anwohner der Richard-Sorge-Straße, der Kochhann- und der Hausburgstraße nicht mehr möglich gewesen. 25.000 Fahrzeuge, die sonst täglich die Magistrale stadtauswärts passiert hatten, bahnten sich fortan lautstark ihren Weg über das Kopfsteinpflaster des Wohngebietes.

Die Lärmbelastung erreichte mittlere Spitzenwerte von 92 Dezibel. Schon etwa 50 Dezibel reichen allerdings aus, um einen Menschen aus dem Schlaf zu reißen. Die für die Umleitung durchgängig verordnete Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern wurde von den wenigsten Autofahrern respektiert, zusätzlicher Lärm entstand durch den Verkehr an offenbar nicht koordinierten Ampelanlagen.

Seitens der Straßenverkehrsbehörde wollte man sich den Schuh der Nichtberücksichtigung von BürgerInneninteressen allerdings nicht anziehen. Bei der Planung der Umleitung, so Dieter Müller, der die Behörde vor Gericht vertrat, seien die Interessen abgewogen worden. Andere weiträumige Umleitungen würden von den Kraftfahrern nicht angenommen. „Die Fahrzeuge werden sich unkontrollierte Schleichwege suchen, auch durch die Wohngebiete.“

Noch bis 1996 soll zwischen dem Platz der Vereinten Nationen und der Kreuzung am Sport- und Erholungszentrum gebuddelt und gebaut werden. 60 Millionen Mark investiert der Senat in breitere Fahrbahnen und Linksabbiegemöglichkeiten, aber auch in neue Straßenbahngleise für Niedrigflurwagen. Kathi Seefeld