Berlins Silicon Valley

■ In Adlershof ist Europas größter Technologiepark geplant: "Stadt für Wissenschaft und Wirtschaft" mit 30.000 Jobs

Auf den weitläufigen Anlagen im Südosten stehen viele Gebäude leer und warten auf ihren Abriß. Trotzdem herrscht reges Kommen und Gehen. Wo früher DDR- Fernsehfunk und Akademie der Wissenschaften in einem abgeschotteten Gebiet saßen, liegt heute die wissenschaftliche und technologische Zukunft Berlins. Erste Unternehmen und Einrichtungen haben sich schon in Adlershof im Bezirk Treptow angesiedelt. In den nächsten 15 Jahren soll auf 420 Hektar eine „Stadt für Wissenschaft und Wirtschaft“ entstehen, in der bis zu 30.000 Menschen an modernen Arbeitsplätzen arbeiten und wohnen werden.

Das erste neue Gebäude ist bereits fertig. Es beherbergt das Innovations- und Gründerzentrum mit 52 jungen Forscherteams und 260 Mitarbeitern. Ihnen wurde der Start ins Unternehmerleben mit günstigen Konditionen erleichtert. „Das ist ein kleines Silicon Valley“, sagt Jens Krause, Geschäftsführer der Berlin Adlershof Aufbaugesellschaft (BAAG). Der Treuhänder des Landes Berlin hat die Aufgabe, das Gebiet für 1,5 Milliarden Mark zu entwickeln. Auf der Baustelle nebenan ist schon der Speicherring der Super-Forschungsanlage Bessy II zu erahnen. 1998 soll die hochmoderne Synchrotronstrahlungsquelle in Betrieb gehen.

Der nach den Worten des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen „größte europäische Technologiepark“ entsteht keineswegs auf der grünen Wiese. Schon Anfang des Jahrhunderts war dort die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt angesiedelt. Johannisthal – der erste Motorflugplatz Deutschlands – wurde dort 1909 angelegt. Ein historischer Windkanal und ein eiförmiger Trudelturm aus Beton zeugen noch von Forschungen der dreißiger Jahre. „Sie bleiben als technische Denkmale erhalten“, sagt Krause.

Das ehemalige Flughafengelände mit den Munitionsdepots der DDR-Volksarmee wird zur Zeit geräumt. Das Flugfeld wird zu einer 70 Hektar großen Park- und Grünanlage umgestaltet. Rundherum werden Wohnungen für 15.000 Menschen entstehen.

Bis zum Jahre 2003 sollen die naturwissenschaftlichen Bereiche der Humboldt-Universität nach Adlershof ziehen. 1996 belegen erste Chemieinstitute bestehende Gebäude. 1997 ist der erste Spatenstich für Neubauten geplant. 4.500 Studenten und 800 Uni-Beschäftigte werden rund um einen grünen Campus für Leben sorgen. Bereits jetzt arbeiten dort 162 Wirtschaftsunternehmen mit rund 2.000 Beschäftigten und 16 Forschungsinstitute mit etwa 1.400 Mitarbeitern.

Das 30 Hektar große Gelände des Deutschen Fernsehfunks soll ein „Medien Centrum“ mit Multiplex-Kino, Hotel-, Kongreß- und Gastronomieangeboten werden. Zur Zeit werden leerstehende Häuser abgeräumt. Gleichzeitig geht der Betrieb weiter. In sechs Studios werden Fernsehfilme, Game- und Talk-Shows produziert. Neuestes und modernstes Fenster in die Welt der Medien ist ein Schulungszentrum auf der Basis von Silicon Graphics, das vor kurzem eingeweiht wurde. Das „Silicon Studio Berlin“ für elektronische Bildbearbeitung wie etwa für den Film „Jurassic Park“ bietet „alles, was der klassische Film lehrte und die neuen Medien ermöglichen“, sagt die Leiterin, Karin Antons.

Aber auch auf die gute alte Requisite kann zurückgegriffen werden. Frühere Mitarbeiter haben sich mit dem Fundus des DDR- Fernsehens selbständig gemacht. 150.000 Requisiten, von der Zimmereinrichtung über Bücher und Dokumente bis zu Waffen, 30.000 Kostümteile und 2.500 bis 3.000 Perücken sind auf 2.000 Quadratmetern gestapelt. Margret Scholtyssek, dpa