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Wann beginnt der Krieg um die Krajina?

■ Kroatiens Präsident will kämpfen, fürchtet aber ein Eingreifen Belgrads

Wien (taz) – An seiner Entschlossenheit, die serbischen Aggressoren aus dem Land zu werfen, hatte Kroatiens Präsident schon im Mai keine Zweifel mehr gelassen. Nachdem kroatische Truppen in einem Blitzangriff Westslawonien von den serbischen Besatzern befreit hatten, sagte Franjo Tudjman: „Im Sommer fahr' ich mit dem Zug nach Split – über Knin“. Damit war klar, daß die kroatische Armee früher oder später die Serbenhochburg Knin angreifen und versuchen würde, die serbisch besetzte Krajina zurückzuerobern.

Ob nun der Zeitpunkt tatsächlich gekommen ist, darüber wird seit dem Wochenende nicht nur in Zagreb gerätselt. Im kroatischen Split hatten Tudjman und der bosnische Präsident Alija Izetbegović einen militärischen Beistandspakt unterzeichnet. Zagreber Politiker aller Schattierungen suggerieren, durch den Serbenvorstoß auf die ostbosnischen Enklaven Žepa und Srebrenica hätten auch die Kroaten keine andere Wahl mehr, als die militärische Entscheidung zu suchen.

Mit großer Enttäuschung hatte man in Zagreb den Beschluß der Londoner Bosnienkonferenz vom vergangenen Freitag aufgenommen. Bei ihrem Treffen hatten sich die Westmächte an keiner Stelle über eine Nachkriegsordnung auf dem Balkan ausgelassen. Statt dessen gaben sie den Kroaten indirekt zu verstehen, daß ihnen die Welt nicht zur Hilfe kommen würde, wenn die Serben die Adriastadt Dubrovnik unter Feuer nehmen sollten.

Das Faß zum Überlaufen brachte aus kroatischer Sicht das Schweigen der Londoner Konferenz zu dem serbische Eroberungsfeldzug in der westbosnischen Enklave Bihać. Vor den Augen der UNO terrorisieren kroatische und bosnische Serben dort unbehelligt die Zivilbevölkerung und schmieden bereits neue Pläne für ihr Großserbien. So kündigte Serbengeneral Ratko Mladić kürzlich an, nach der Entscheidung in Ostbosnien werde er von Knin aus einen Zugang zum Meer erkämpfen.

Dies zu verhindern, ist vorrangiges Interesse Zagrebs. Denn bei einer möglichen Zweiteilung des kroatischen Territoriums würde die Souveränität des jungen Staates plötzlich wieder in Frage gestellt. Geschürt werden diese Ängste vor allem durch Berichte des kroatischen Geheimdienstes, wonach Belgrad erneut massiv in den Krieg in Bosnien eingreift.

Obwohl die kroatischen Streitkräfte nach zwei Jahren intensiver Aufrüstung schon über moderne Waffensysteme verfügen – darunter französische Mirage-Kampfbomber und SAM-10-Raketensysteme, mit denen auch deutsche Tornados bedroht werden können – scheut Tudjman aber die offene militärische Konfrontation mit Belgrad. Solange man es nur mit den Einheiten der bosnischen und kroatischen Serben aufnehmen müsse, so die Überlegung, sei ein militärischer Sieg sicher.

So kann nun weiter gerätselt werden, ob Tudjman noch in diesem Sommer seine Armee auf Knin marschieren läßt, weil er glaubt, Belgrad habe kein Interesse daran, neben der Front in Bosnien noch eine weitere in Kroatien zu eröffnen, oder ob er noch einmal davor zurückschreckt. Verbal scheint sich Tudjman schon entschieden zu haben. In dem kroatisch-bosnischen Beistandspakt verpflichten sich beide Seiten, „den serbischen Aggressor an allen Fronten zu schlagen“. Karl Gersuny

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