Saubermann González hat von nichts gewußt

■ Sondersitzung des spanischen Parlaments zur Verstrickung von Felipe González in die Anti-ETA-Morde / Forderung nach Neuwahlen im Herbst strikt abgelehnt

Madrid (taz) – „Die Regierung steckte nie hinter den GAL“, erklärte Regierungspräsident Felipe González gestern auf einer Dringlichkeitssitzung des spanischen Parlaments. In einer nur knapp halbstündigen Rede wies er alle Verantwortung für die Morde der „Antiterroristischen Befreiungsgruppen“ (GAL) zurück und sah auch keinen Anlaß, der Forderung der Opposition nach vorgezogenen Neuwahlen schon im Herbst dieses Jahres nachzukommen. Die GAL hatten in den 80er Jahren in Südfrankreich 28 Menschen aus dem Umfeld der baskischen Separatistengruppe ETA ermordet.

Die nur zwei Tage vor der Sommerpause einberufene Sitzung war notwendig geworden, nachdem die in Sachen GAL Angeklagten Felipe González und dessen sozialistische PSOE beschuldigten, direkt in die Aktionen verwickelt zu sein. Die schwersten Vorwürfe erhob der ehemalige PSOE-Chef in der Baskenprovinz Vizkaya, García Damborenea. Er selbst habe mit González mehrmals über die Einrichtung der GAL gesprochen, sagte er vergangene Woche.

„Schlicht falsch“, so die Anwort von González. Auf den wenigen Treffen mit Damborenea sei es um andere Themen gegangen. Daß die französische Regierung ab 1984 den spanischen Auslieferungsgesuchen nachgab, gehe nicht auf die Aktionen der GAL, sondern auf „ein langes persönliches Gespräch mit Präsident Mitterand“ zurück. „Auch wenn einzelne Mitglieder der Sicherheitskräfte in den Fall verwickelt sind, ist die Regierung nicht verantwortlich“, so die Schlußfolgerung von González.

„Eine Sache ist Schuld und Unschuld und eine andere die politische Verantwortung“, hielt Julio Anguita von der „Vereinigten Linken“ (IU) dagegen. González habe nichts zur Klärung der Vorwürfe beigetragen und damit die Lage nur noch verschlimmert. Er müsse sich fragen lassen, warum das Innenministerium die beiden Kronzeugen – die in Sachen GAL zu 108 Jahren verurteilten Polizisten José Amedo und Michel Domínguez – jahrelang für ihr Schweigen bezahlte. „González ist für die GAL verantwortlich“, so Anguitas Schlußfolgerung.

González jedoch ging darauf nicht weiter ein, hielt an der Ankündigung von Neuwahlen für den März nächsten Jahres fest – und hofft so, die spanische EU-Ratspräsidentschaft doch noch heil über die Bühne zu bringen. Reiner Wandler