5.000 digitale Besucher am Tag

Von „Compuserve“ bis „Spinnennetz“: Das Internet ist eine unübersichtliche Informationstauschbörse. Normale Mailboxen haben ihre Vorteile.  ■ Von Christoph Seils

Das Internet-Angebot in Berlin ist noch begrenzt, wird aber wachsen. Denn das System ist ein dezentrales und interaktives Medium, bei dem die Teilnehmer den Inhalt selbst bestimmen und jeder wie auf einer riesigen Tauschbörse seine Informationen anbietet. Je mehr Internet-Nutzer es gibt, desto größer wird das Angebot. Doch um nützliche Hinweise von unbrauchbarem Datenschrott zu unterscheiden, ist man vielfach auf sich allein gestellt. Da ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch im bisher freien Internet brauchbare Informationen zusätzliche Gebühren kosten oder durch Werbung gesponsert werden.

Für den Einstieg in die Welt der Computernetze braucht der Neuling zunächst nur einen Computer und für den Anschluß an die Telefonleitung ein Modem mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 14.400 bps. Selbst die alten 386er Prozessoren sollen das Internet noch bewältigen können. Dann braucht man noch eine Telefonnummer und ein Paßwort, und los geht's.

Den Weg in die digitale Welt öffnet dem Nutzer der sogenannte Provider. Studenten können über ihre Unis einen kostenlosen Zugang erhalten, darüber hinaus tummeln sich in Berlin eine Reihe von kommerziellen Anbietern. Die Preise sind zum Teil recht hoch und werden teils pauschal, teils nach Verweildauer oder transportierter Datenmenge ganz unterschiedlich berechnet.

Für private Nutzer, die sich regelmäßig im Internet aufhalten wollen, bieten „Individuel Network Berlin e.V.“ (Tel. 304 15 85) und „Internationale Stadt Berlin e.V“ (Tel. 694 69 07, ab 1. September 29 Mark) sicher die derzeit günstigsten pauschalen Tarife der Stadt. Zu jedem Internet-Anschluß gehört auch eine E-mail- Adresse, über die jederzeit Nachrichten empfangen werden können.

Natürlich will das Surfen im Internet gelernt sein, also braucht man vor allem am Anfang im Datenchaos viel Geduld. Wer mit Windows vertraut ist, wird mit dem World Wide Web (WWW) schnell zurechtkommen. Das WWW ist aber nur ein kleiner Teil des Internet. Das Netz bietet viel mehr, aber ohne Handbuch ist man außerhalb des WWW schnell aufgeschmissen.

Im WWW genügt der Befehl „Search Berlin“, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was Berlin im Internet zu bieten hat. Oder man steuert mit dem Befehl „http://WWW.is.in-berlin.de“ gleich die „Internationale Stadt Berlin“ an. Bei diesem gemeinnützigen Verein finden sich einerseits Informationen über Angebote aus und für Berlin, aber andererseits auch zahllose Querverweise als Navigationshilfe im Internet. Von den weltweit 30 Millionen Internet-Teilnehmern besuchen derzeit rund 5.000 täglich die Internationale Stadt Berlin. Wer will, kann in der Internationalen Stadt Mitglied werden, seine eigenen digitalen Clubs aufmachen und selbst bestimmen, wer an den Diskussionen teilnehmen darf.

Im Gegensatz zum Internet sind Mailboxen hierarchisch organisiert, dafür sind die Informationen teilweise übersichtlich aufbereitet. Der Zugang ist ähnlich wie beim Internet: vom eigenen PC mit dem Modem, Telefonnummer und Paßwort. Wer nur bestimmte Informationen braucht, kann die Daten bestellen und läßt zum Datenaustausch seinen Computer nachts automatisch die Mailbox anwählen. Ansonsten kann man auch online die Mailbox aufsuchen und aus Themenbrettern oder Diskussionsforen die benötigten Daten, Texte oder Informationen abrufen.

Das Angebot an Mailboxen reicht vom weltweiten Anbieter „Compuserve“ mit über 2,5 Millionen Teilnehmern bis zur kürzlich in Berlin eröffneten Jugend-Mailbox „XploreXperience“ oder dem linksradikalen „Spinnennetz“. Auch hier hilft nur der Test. Mit einem einfachen Terminal-Programm kann man sich in fast alle Mailboxen einwählen und mit dem Paßwort „Gast“ das Angebot erkunden.

Es gibt Mailboxen, die können kostenlos genutzt werden, andere verlangen eine Gebühr. Da die vielen Mailboxen in weltweitem Verbund ihre Daten austauschen, können auch auf diesem Weg e-mail über den Globus geschickt werden – allerdings braucht die Post ein paar Tage länger als im Internet.