■ Höhere Strafen und schärfere Eingriffe
: Kanther auf SPD-Linie

Mit innerer Sicherheit kann man kaum noch Pluspunkte in der Öffentlichkeit sammeln. Einst wollte die Union ein Trommelfeuer auf die SozialdemokratInnen abfeuern, um sie als GegnerInnen des „Großen Lauschangriffs“ dingfest zu machen und damit als „Helfershelfer“ des „organisierten Verbrechens“ brandmarken zu können. Die SPD machte dieses Spielchen aber nicht mit und schwenkte recht bald auf Kanthers Linie ein. Es blieb – neben den Grünen – nur der Widerstand des Rechtsstaats-Flügels in der FDP um Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger.

Im Gegenzug wollte die SPD nun die CDU mit einer besonders radikalen Forderung vorführen. Gelder, deren Herkunft aus Zusammenhängen der sogenannten organisierten Kriminalität nicht widerlegt werden kann, sollten einfach staatlich eingezogen werden dürfen. Das Kalkül der SPD: Wenn es ums Eigentum geht, wird die CDU wohl kaum nachgeben und kann dann ihrerseits der Begünstigung von dunklen Kräften beschuldigt werden.

In seiner jetzt vorgelegten neuen „Horrorliste“ (Bündnisgrüne) hat Innenminister Kanther auf diese Provokation reagiert. Er bejahte zwar (noch) nicht die Einziehung „zweifelhafter Gelder“, wohl aber die Beschlagnahmung. Feiner (und nicht unwichtiger) Unterschied: Bei Kanther soll der Staat weiterhin die Beweislast behalten, bei der SPD tragen die BürgerInnen das Risiko, ob die Werte zurückgegeben werden oder nicht. Weitere Annäherungen sind wohl vorprogrammiert.

Das Muster ist dabei klar, dem Populismus des politischen Gegners soll kein Angriffspunkt gegeben werden. Also schreibt man ab und verkauft die geringen verbleibenden Unterschiede als gestalterische Eigenleistung. Die „organisierte Kriminalität“ eignet sich hierfür besonders gut. Niemand weiß etwas Genaues, während Boulevardpresse und Law-and-order-Politik sich zum gegenseitigen Nutzen die Bälle respektive die Horrorgeschichten zuspielen.

Manche mögen es begrüßen, daß nun auch der Kampf gegen die Korruption auf diesem massenmedialen Niveau angelangt ist. Kanthers Liste, die hier Strafverschärfungen, Abhörbefugnisse und Kronzeugenregelungen vorsieht, bringt das Übliche, ähnliche Repressionsforderung seitens der SPD liegen schon länger vor. Es steht zu befürchten, daß das Thema nach Annäherung der Standpunkte für die Politik eher uninteressant werden wird. Im Gegensatz zur „organisierten Kriminalität“ besteht aber im Hinblick auf die Korruption wirklich Handlungsbedarf. Christian Rath