„Eine Form der Korruption“

■ Im Gespräch: Markus Lüpertz über staatliche Künstlerförderung, Egomanie und Götterbildnisse

taz: In Bremen wird derzeit die Frage der Kunstförderung mal wieder diskutiert. Was sagt der Rektor der Düsseldorfer Akademie zu diesem Thema?

Lüpertz: Bei Förderung bin ich eher skeptisch. Ich glaube, wenn Kunst gefördert wird, ist das in Ordnung von Leuten, die sie begeistert fördern. Sollte man aber anfangen, um die Förderung zu bitten, dann sollte man es lassen. Die Kunst überlebt eh.

Sehen Sie staatliche Förderungsprogramme eher als Hemmschuh für die Entwicklung von Kunst?

Ich sehe sie meistens in einer gewissen Form als Korruption. Staatliche Förderungsprogramme werden sehr pauschal gesehen, werden nie auf Individuen bezogen, sondern auf „Junge Künstler“ oder auf „Alte Künstler“ oder auf „Frauenkünstler“ und solche Geschichten. Ich glaube, das korrumpiert grundsätzlich.

Ihnen wird ein „post-revolutionäres“ Verständnis von Kunst zugeschrieben. Heißt das: Rückbesinnung auf humanistische Bildungsideale?

Wissen Sie, mit diesem „post-“ – allein schon ein irrsinniger Begriff, „postrevolutionär“ – kann ich sehr wenig anfangen. Ich glaube einfach, daß die Journaille, aber auch der Historiker, große Probleme hat, über lebende Künstler zu schreiben. Es ist sehr viel einfacher über Künstler zu schreiben, deren Werk vorliegt, als über einen, der immer noch für eine Überraschung gut ist. Da werden dann eben ganz schnell solche Begriffe gesucht, das ist völlig in Ordnung. Von diesen Irrtümern leben wir alle.

Noch so ein Irrtum: Frau Rudloff sagt, ihre Skulpturen entstünden eher spontan, während Wolfgang Kersten schreibt, sie entstünden nach sorgfältigen Studien und Modellen. Was ist richtig?

Das eine schließt das andere ja nicht aus. Vorher mache ich in unheimlich großer Vorbereitung Zeichnungen und Kleinskulpturen, ich zeichne, verwerfe, aber dann, wenn ich sie mache, das geht dann schnell.

Früher schufen die Götter die Menschen, heute schaffen Menschen wie Sie Götter. Was ist das für ein Gefühl?

Ich glaube, daß es immer die Aufgabe der Kunst gewesen ist, Götter sichtbar zu machen. Und mit nachlassender Religion beginnen eben die Künstler eine andere Macht zu entwickeln.

Wie steht es um die „Ichbezogenheit“ Ihrer Kunst? Im Katalog schreibt Wolfgang Kersten Ihnen diesen Begriff zu, während die MuseumsleiterInnen vom Gegenteil überzeugt sind. Nur ein Mißverständnis?

Jeder erfindet eine eigene Sicht von mir. Sonst bräuchten ja nicht drei Leute schreiben.

Wie würden Sie sich einordnen?

Ich hab' keine Meinung zu mir.

Fragen: Moritz Wecker