■ Scharping contra Schröder, (vorläufig) letzter Akt
: Das Bierdosenattentat

Es geschah im Landkreis Lüchow-Dannenberg, diesem Herd gärender Unruhe, die immer wieder eruptiv in Rebellion kulminiert. Da flog also dem Fahrer von Gerhard Schröder eine Bierdose an den Kopf. Gerichtet war das Projektil aber keineswegs gegen den Getroffenen, Zielscheibe war vielmehr der niedersächsische Ministerpräsident selbst. Schröder wurde am Schienbein (!) verletzt. Nun wird landauf, landab verbreitet, Atomkraftgegner hätten die Dose im Zorn über bevorstehende neue Castor-Einlagerungen geschmissen. Daß sich die Menschen in den Nachrichtenagenturen an einem heißen Wochenende — unterbesetzt, schwitzend, übermüdet — diese Mär zu eigen machen, mag verständlich sein. Doch eine Lüge bleibt eine Lüge. Die taz enthüllt: Rudolf Scharping war's! Alles spricht dafür, daß der Große Vorsitzende und Kanzlerkandidat seinem Widersacher eins auf die Birne geben wollte.

Bleiben wir bei den Fakten („Fakten, Fakten, Fakten!“ fordert Helmut Markwort vom Locus schließlich jede Woche). Atomkraftgegner sind ökologisch orientiert. Es ist deshalb auszuschließen, daß einer der Ihren die so umweltschädliche Weißblech- oder Aluminiumdose auch nur in seinem Besitz hält. Weiter: Die Bierdose war voll! Der Wurf wurde also ausgeführt von einer Person, die in wirtschaftlich stabilen Verhältnissen lebt und nicht bei jedem Bier die Geldbörse von innen betrachten muß. Schauen Sie sich diese Atomkraftgegner an, langhaarig, ungewaschen, mit Kleinkindern bewaffnet. Haben die viel Geld? Geld dagegen hat zweifellos ... Rudolf Scharping.

Es dürfte für den geübten Radrennfahrer Rudolf Scharping eine Kleinigkeit sein, für einen kurzen Trip von Südfrankreich, seinem derzeitigen Aufenthaltsgebiet, nach Lüchow-Dannenberg zu fahren. Ebenso schnell kann er wieder zu seinem Urlaubsort zurückkehren. Das Alibi ist perfekt!

Nur durch eine kaum glaubliche polizeiliche Ermittlungspanne hat sich das Netz über Scharping noch nicht ganz zugezogen, ist er als Täter noch nicht endgültig überführt. Scharping ist, eigenen Aussagen zufolge, äußerst mäßiger Pilstrinker. Bis heute haben die Behörden noch nicht bekanntgegeben, ob der Inhalt der Dose nun Export, Kölsch, Alt, Pils oder gar Weizenbier enthielt. Eine bodenlose Schlamperei!

Was lernen wir aus diesem Vorfall? Das Klima zwischen den sozialdemokratischen Spitzenmännern wird noch härter. Wie wird Schröder reagieren? Sicherlich nicht durch einen zweiten Dosenwurf, das entspräche nicht dem Stil des schampustrinkenden niedersächsischen Wirtschaftslenkers. Wenn Sie aber übermorgen in der Zeitung lesen, Scharping sei völlig verdurstet mit zwei platten Reifen seines Drahtesels auf einer Schotterstraße in den Pyrenäen gefunden worden, dann, ja dann wissen wir Eingeweihten, wer als Täter in Frage kommt. Klaus Hillenbrand