Kommunen spannen Telekom-Netze

■ Lokale Anbieter wollen an der Telekom-Privatisierung mitverdienen

Bonn (taz) – 1998 wird alles anders für die Informationsgesellschaft: wenn nämlich hierzulande die Telekommunikation privatisiert wird. Der Markt, das zeigt das Beispiel der USA, winkt mit den ganz großen Gewinnen. Was wunder, daß in Deutschland die Konkurrenten der Telekom schon in den Startlöchern stehen. Nicht nur Konzerne wie RWE, Veba, Viag oder Mannesmann wollen dann mit ihren Datennetzen der Telekom Kunden abnehmen.

Auch in kommunalen Versorgungsunternehmen herrscht Goldgräberstimmung. Die lokalen Energieversorger wollen ebenfalls ihre Netze spannen. Der Vorteil der Kleinen: Sie müssen voraussichtlich keine „Universaldienste“ versehen, also unrentable Leitungen etwa auf Hallig Hooge oder in der Eifel verlegen. Denn in diese Pflicht will Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) nur Firmen nehmen, die einen Marktanteil von über 25 Prozent erreichen. Wer unter fünf Prozent liegt, braucht nicht einmal in den Fonds zu zahlen, der den Minimaldienst subventionieren soll. In über 70 Städten und Kommunen, so schätzt der Deutsche Städtetag, wollen lokale Unternehmen mit rechtlich eigenständigen Gesellschaften ins Rennen gehen. Bei der Noch-Monopolistin Telekom kommentiert ein Sprecher das Geschehen noch gelassen: „Im Moment sind das doch alles noch Absichtserklärungen.“

Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) planen eigens eine Änderung ihrer Hauptsatzung, damit der Energieversorger, dessen Aktien zur Mehrheit bei der Hansestadt Hamburg liegen, künftig ins Geschäft der Telekommunikation einsteigen kann. In Köln gründeten die Gas- und Elektrowerke (GEW), die Verkehrsbetriebe und die Stadtsparkasse bereits letzten September die Firma „NetCologne“. Sprecher Christoph Preuß ist zuversichtlich, daß der lokale Anbieter in wenigen Jahren gegen die Branchenriesen bestehen wird. Das Unternehmen will sich mit kleinem, aber feinem Service am Markt etablieren.

„NetCologne“ zählt im Moment zwar bloß eine Handvoll Mitarbeiter, die Infrastruktur indes steht bereits zu weiten Teilen: Dank der Kommunikationswege ihrer Gesellschafter verfügt das Unternehmen schon jetzt im Stadtgebiet über 200 Kilometer Glasfaserkabel und 2.400 Kilometer Breitband-Kupferkabel. Die könnten in der Medienstadt am Rhein dereinst die Sendestücke des Fernsehsenders RTL oder des Westdeutschen Rundfunks übertragen, aber auch den Datenverkehr zwischen den Lokalzeitungen und ihren Druckereien regeln. Preuß: „Anfangs sind wir sicher nur für Firmen interessant, unsere Struktur soll aber mit dem Markt wachsen.“

Wenigstens ein Kunde dürfte dem Unternehmen bereits sicher sein – die Kölner Stadtsparkasse mit ihren rund 200 Geschäftsstellen im Stadtgebiet. Bernd Neubacher