■ Mit den Strafverfolgern auf du und du
: Bestechung? Geschenk?

Frankfurt/Main (taz) – Nehmen wir an, Unternehmer X läßt dem Chefeinkäufer der Firma Y zwei Kisten Champagner und einen über Ahornholz geräucherten kanadischen Wildlachs in den Keller stellen. X könnte den Chefeinkäufer von Y damit bestochen haben, um seinen Konkurrenten beim Kampf um einen Großauftrag von Y auszustechen. Doch X könnte den Chefeinkäufer von Y auch einfach nur richtig lieb haben – weil der so nett ist und eine noch nettere Frau hat.

Einen „Grenzfall“ nennt das der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main, Job Tillmann. Tätig werden könne seine Behörde nur, wenn der kleinen Lieferung eine „Unrechtsvereinbarung“ zugrunde liege: wenn X also Champagner und Lachs „nur“ deshalb beim Chefeinkäufer von Y einbunkern ließ, um bei der anstehenden Auftragsvergabe bevorzugt zu werden. Und der Chefeinkäufer von Y müßte sich auf das ihm angebotene „Geschäft“ auch eingelassen haben.

Doch ein Offizialdelikt, also eines, das eine Strafverfolgung durch die Ermittlungsbehörden nach sich ziehen würde, ist diese Form der durchaus üblichen Bestechung mit „Unrechtsvereinbarung“ nicht. Die Staatanwaltschaft wird nur dann tätig, wenn etwa ein durch den Bestechungsvorgang leer ausgegangener Konkurrent Strafanzeige erstattet.

Oder wenn der Firma Y durch die Gegenleistung ein Schaden enstanden ist und das so düpierte Unternehmen nach dem Staatsanwalt ruft. Ein Schaden könnte etwa sein, wenn die Firma Waren oder Dienstleistungen zu überhöhten Preisen einkaufte, weil der bestochene Chefeinkäufer die billigere Konkurrenz nicht zum Zuge kommen läßt. Das sei „unlauterer Wettbewerb“, verbunden mit „Untreue“, und dafür sehe das Gesetz eine Gefängnisstrafe von einem Jahr vor.

Weil die Bestecher vielfach die Schmiergelder in die Rechnungen „einbutterten“, würden Unternehmen mit korrupten Angestellten doppelt betrogen, sagt Tillmann. Im aktuellen Skandal um Opel etwa holten sich die bestechenden Firmen ihre Kosten für diverse „Dienstleistungen“ für Angestellte von Opel über fingierte Rechnungen vom Automobilgiganten wieder zurück. Schaden: mindestens elf Millionen Mark.

Daß die bestechenden Firmen dann nochmal verdienen, wenn sie die Schmiergelder von der Steuer absetzen, das findet inzwischen auch die Bundesregierung „unmoralisch“. Für deutsche Unternehmer abzugsfähig sollen demnächst nur noch Bestechungsgelder sein, die in Länder mit angeblich traditioneller Bestechungsmentalität gehen – worunter die BRD dann wohl auch fallen müßte. Klaus-Peter Klingelschmitt