Ferien in der Atomruine

■ Ein Geschäftsmann aus den Niederlanden will den schnellen Brüter von Kalkar kaufen

Amsterdam/Kalkar (taz) – Hennie van der Most hat zuerst nur mit Schrott gehandelt. Dann hat er sich auf Immobilien verlegt. Er gilt in der Branche als ziemlich verrückt. Jetzt will er in Kalkar den schnellen Brüter kaufen.

Elf Milliarden Mark hatte das Projekt einmal Deutschland, Belgien und die Niederlande gekostet. 1991 gab auch die Atomindustrie diesen Alptraum auf. Werner Koop, Direktor der „Schneller-Brüter-Kernkraftwerk-Gesellschaft“ (SBK), weiß von 50 Kaufanträgen für die 17 Hektar Land, auf dem die Ruine steht. Daß sich nun auch ein Niederländer gemeldet hat, wundert ihn nicht. Kalkar liegt etwa auf der Höhe von Nimwegen hinter der Grenze am linken Rheinufer.

Van der Most will aus dem Atommonster einen Ferienpark machen. Der Unternehmer hatte in den letzten Jahren immer wieder mit spektakulären Projekten auf sich aufmerksam gemacht. So wandelte er eine Kartoffelfabrik in Oranje, eine Textilfabrik in Slagharen und ein Krankenhaus in Almelo in Erholungseinrichtungen um. Seine in der „Van der Most beheer b.V.“ untergebrachten Firmen setzten 1994 etwa 38 Millionen Gulden (33,8 Millionen Mark) um. Die neue Idee kam ihm unterwegs, erzählt er: „Ich war zufällig in Kalkar und sagte den Gemeindebeamten, daß ich eine solche Anlage noch nie von innen gesehen habe. Ich durfte mich umsehen, hinterher fragte man mich, ob ich das Ding nicht kaufen wolle.“

Hennie van der Most überlegte kurz und fühlte, daß Kalkar in seine Strategie paßt. Im August will er sich entscheiden. Über die Preisvorstellungen herrscht Stillschweigen. SBK-Direktor Koop hat letztes Jahr dementiert, daß Kalkar für eine Mark zu haben sei. Die SBK, eine Tochter der RWE, zahlt für den Unterhalt der Gebäude etwa 5 Millionen Mark im Jahr. Allein die am Projekt beteiligten Niederlande mußten einst statt der geplanten 328 Millionen Gulden 1,2 Milliarden Gulden hinlegen – die niederländischen Steuerzahler fanden eine Zeitlang sogar einen Kalkar-Zuschlag auf ihrer Energierechnung. Falk Madeja