: Verwarnung für Totalverweigerer
■ Landgericht Verden wollte Bundeswehr nicht mit harter Strafe dienen
Keinen Erfolg hatte gestern die Staatsanwaltschaft mit ihrem Versuch, für den Bremer Totalverweigerer Florian von Bothmer eine härtere Strafe zu erreichen (vgl. taz vom 22.8.94). Das Landgericht Verden bestätigte das Bewährungsurteil der ersten Instanz und verdonnerte den Totalverweigerer zusätzlich lediglich zu 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Die Staatsanwaltschaft eine eine achtmonatige Freiheitsstrafe und 800 Mark Geldstrafe gefordert.
Florian von Bothmer war im August vergangenen Jahres zum Militärdienst in die Heeresflieger-Ausbildungsstaffel in Rotenburg/Wümme einberufen worden. Nach zwei Wochen allerdings erklärte er seinem Vorgesetzten die Totalverweigerung aus Gewissensgründen. Auch der Zivildienst sei mit militärischen Planungen verzahnt, außerdem würden Zivildienstleistende Arbeitsplätze im Sozialbereich vernichten. Eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer hatte von Bothmer deshalb zuvor gar nicht erst beantragt.
Die Folge waren 63 Tage im Militärknast. Das bedeutete Einzelhaft in einer Minizelle mit zahlreichen Schikanen. Im März diesen Jahres war von Bothmer vom Amtsgericht Rotenburg zusätzlich wegen „eigenmächtiger Abwesenheit“ und „Gehorsamsverweigerung“ bei der Bundeswehr nach dem Jugendstrafrecht verwarnt worden. Eine erneute Einberufung in die Bundeswehr – wie sie in anderen Fällen noch immer vorkommt – unterblieb allerdings. Und auch nach dem gestern sofort rechtskräftig gewordenen Landgerichtsurteil ist damit nun wohl nicht mehr zu rechnen.
Damit scheint sich bei den Landgerichten inzwischen ein Trend zu milderen Strafen für Totalverweigerer durchzusetzen. War es vor gut einem Jahr auch in Bremen noch üblich, Totalverweigerer für sechs bis acht Monate in den Knast zu schicken, werden nun immer häufiger nur noch Bewährungsstrafen verhängt. Und auch der Wörner-Erlaß, nach dem Totalverweigerer so oft wieder zur Bundeswehr einberufen und verurteilt werden sollten, bis sie zwölf Monate Knast abgesessen hatten, wird offenbar nicht mehr angewandt. Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
