Schwarze Pumpe spaltet EU-Kommission

■ Europäische Entwicklungsbank finanziert Lausitzer Braunkohlekraftwerk

Brüssel (taz) – Die EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard will den Neubau des Kraftwerks Schwarze Pumpe stoppen. Die Bundesrepublik weigere sich, so lautet ihr Argument, beim Braunkohleabbau in der Lausitz eine Umweltverträglichkeitsprüfung machen zu lassen. Trotzdem wird die Europäische Investitionsbank (EIB) mehr als eine Milliarde Mark für den Neubau des Braunkohlekraftwerkes bereitstellen.

Aber so schnell gib Ritt Bjerregaard nicht auf. Sie hat bei der EIB die deutschen Genehmigungsunterlagen angefordert. Die Kommissarin will die Nebelkerze, daß in Deutschland die Umwelt stärker berücksichtigt werde als anderswo, endlich einmal rauchgasentschwefeln: Das deutsche Umweltrecht vernachlässige eine Reihe von Schadensfaktoren und verzichte völlig auf die Prüfung der Wechselwirkungen, etwa von Abholzung und CO2-Konzentration.

Der Streit dreht sich nicht um das Kraftwerk selbst. Die neuen Blöcke sollen mit modernster Technik ausgestattet sein. Das Problem ist die Braunkohle, mit der sie befeuert werden sollen. 1994 hatte die Bundesregierung Genehmigungen für die Erschließung weiterer Braunkohlefelder in Jänschwalde und Welzow Süd erteilt, ohne daß vorher die von der EU vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht worden wäre. Allein in Jänschwalde sollen vierzig Quadratkilometer intakte Natur in eine Mondlandschaft verwandelt werden. Im Genehmigungsverfahren wurden weder die Auswirkungen auf das Klima noch der Verlust von Landschaft und Natur geprüft.

Ritt Bjerregaard hat deshalb ein Verfahren gegen Bonn eingeleitet, das vermutlich vor dem Europäischen Gerichtshof landen wird. Die Bundesregierung bemüht das Argument der Arbeitsplätze und beruft sich auf den deutschen Einigungsvertrag, nach dem zu DDR- Zeiten begonnene Braunkohlebergwerke weiter betrieben werden dürfen. Doch die Kommissarin meint, daß es sich nicht mehr um die Fortsetzung des DDR- Bergbaus handele. Warum sonst hätte die Bundesregierung das teure Genehmigungsverfahren durchziehen sollen, warum hätte sie – wenn auch unzureichend – Umweltauflagen machen sollen, wenn das gar nicht nötig wäre?

Zwar hält auch die Mehrheit der Kommission das Verfahren gegen Bonn für gerechtfertigt, will jedoch den Zusammenhang mit dem neuen Kraftwerk nicht sehen. Das seien zwei voneinander unabhängige Projekte, deshalb habe man der Investitionsbank den Milliardenkredit gestattet. Lediglich der irische Kommissar Padraig Flynn und die schwedische Kommissarin Anita Gradin schlossen sich der Auffassung von Ritt Bjerregaard an. Die anderen gaben sich mit der Zusicherung der Bundesregierung zufrieden, daß die Umweltverträglichkeit des Braunkohleabbaus nach deutschem Recht geprüft worden sei. Alois Berger