Flachslanden-Prozeßserie gestoppt

■ Hauptzeuginnen an der „Grenze ihrer Belastbarkeit“

Nürnberg (taz) – Die Prozeßserie wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in dem fränkischen Dorf Flachslanden ist vorerst beendet. Die Jugendkammer des Landgerichts Ansbach ließ die restlichen sechs Anklagen mangels „hinreichenden Tatverdachts“ nicht zur Hauptverhandlung zu.

Eine vorläufige Bewertung der Beweislage lasse nicht erwarten, daß es im Falle einer Verhandlung zu einem Schuldspruch kommen werde. Die beiden Hauptbelastungszeuginnen, zwei inzwischen 14 und 10 Jahre alte Mädchen, seien „an der Grenze ihrer Belastbarkeit“ angelangt. Weitere Auftritte vor Gericht könne man ihnen „aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumuten“. In den ersten zwölf Verfahren ging alles glatt. Das Gericht verurteilte auf der Basis des Ermittlungsergebnisses der Staatsanwaltschaft die Angeklagten zu Freiheitsstrafen bis zu 14 Jahren. Nach den Erkenntnissen der Anklagebehörde haben in Flachslanden 21 Erwachsene über Jahre hinweg neun Kinder massiv sexuell mißbraucht.

Oftmals mußten die zur Tatzeit zehn beziehungsweise sechs Jahre alten Mädchen unter Ausschluß der Öffentlichkeit aussagen. Im März wurde dann erstmals ein Angeklagter freigesprochen. „Es kann sein, daß sie mittlerweile alles in einen Topf werfen“, äußerte Richter Peter Heckel Zweifel an der Genauigkeit der Aussagen der Mädchen.

Im März war die Jugendkammer unter erheblichen Druck geraten. In einem bislang einmaligen Fall hatten sie einen Verteidiger wegen dessen „Konfliktverteidigung und Blockadehaltung“ nach sieben Verhandlungstagen aus dem Prozeß katapultiert. Das Oberlandesgericht urteilte jedoch, daß eine „Ausschließung des Verteidigers nach Sachlage nicht in Betracht“ komme. Daraufhin erklärten sich die drei Richter der Jugendkammer für befangen. Sie sahen sich außerstande, den Prozeß mit diesem Verteidiger zu führen. Bernd Siegler