Kommentar (s.S. 23)
: Halbherzig

■ Wo steckt die Ausländerintegration?

Das waren mal starke Worte: „Vor dem Hintergrund der anwachsenden Fremdenfeindlichkeit muß die Ausländerpolitik einen höheren Stellenwert erhalten.“ So tönte die Ampel, so steht's in den Koalitionsvereinbarungen von 1991. Es folgten sogar Taten: Das Ressort für „Ausländerintegration“ wurde gegründet – das erste seiner Art. Noch schöner, daß einige aus der angepeilten Zielgruppe sich angesprochen fühlten. Wie die Leute aus dem Kulturverein „Dayanisma“ (“Solidarität“). ImmigrantInnen, die längst praktizierten, was der Senat mühsam anzuleiern versuchte: Menschen kurdischer, türkischer, persischer Herkunft – hier saßen sie alle einem Tisch.

Jetzt wollen sie die alten Versprechen wörtlich nehmen. Eine neue Zeitschrift soll die Idee von „Dayanisma“ vielsprachig unter die Bremer Bevölkerung bringen. Aber die starken Worte von –91 sind längst verhallt. Bei den neuen Koalitionären ist davon nichts mehr zu hören. Nach der Anschubfinanzierung durch die alte Regierung wissen die InitiatorInnen jetzt kaum mehr, an welche Stelle sie sich im neuen Senat eigentlich wenden sollen. Kein Wunder: In den aktuellen Koalitionspapieren nämlich ist der Punkt „Ausländer“ in ganzen vier Absätzen lustlos und pflichtschuldigst abgehandelt. Für die AusländerInnen irritierend und enttäuschend, für den Senat beschämend – es zeigt jetzt die Halbherzigkeit, mit der die SPD die kleinen Fortschritte offenbar getragen hat. Thomas Wolff