Trend zum Werkeln

■ Endlich: Der Bauplan für den bastelbewegten Mann ist da - als Beilage im Heimwerker-Magazin "Selbst ist der Mann"

Was Brigitte fürs Textile schon lange praktiziert, hat nun auch beim Heimwerker-Magazin Selbst ist der Mann Nachahmung gefunden. Mit der August-Nummer beginnt die Fachzeitschrift aus dem Heinrich Bauer Verlag, detaillierte Bauanleitungen zum Nachbasteln zu veröffentlichen. Heraustrennbare Bauzeichnungen in der Heftmitte sollen es erleichtern, die im Text- und Bildteil angepriesenen Möbelstücke millimetergenau anzufertigen.

Ein „Hi-Fi-Rack“ als „repräsentatives Heim“ für die Stereoanlage macht in diesem Heft den Anfang, gemeinsam mit den jahreszeitlich bedingten Gartenmöbeln, die zusammengeklappt „extrem schlank“ sein sollen. Bewogen zu dieser Neuerung wurde die Redaktion durch eine demoskopische Umfrage.

Sie soll einen „Trend“ aufgezeigt haben: Ein beträchtlicher Teil der deutschen HeimwerkerInnen, vorwiegend der weibliche, würde demnach mit besseren Bauanleitungen noch mehr heimwerken wollen als bisher. Nach der Erhebung sind bereits jetzt die Hälfte der Männer und ein Viertel der Frauen HeimwerkerInnen. Da drängt sich die Frage nach einer eventuellen Titeländerung des Periodikums auf.

Andere Ergebnisse der Umfrage scheinen dagegen geeignet, die Rollenklischees zu bestärken. Fast sechzig Prozent der Frauen wünschten sich demnach nämlich, der Partner möge regelmäßig heimwerken! 61 Prozent der Frauen über vierzig finden, daß ihr Mann auf diesem Gebiet mehr leisten sollte. Ja, Heimwerken sei geradezu das Hobby, das Frauen am meisten bei ihren Männern schätzten. Wie es umgekehrt ist, sagt die Presseerklärung nicht.

Der neue Bauplan nun enthält genaue Maßangaben, Seitenansichten und tabellarische „Einkaufszettel“. Er preßt zwei Möbelstücke auf einer Seite zusammen und dürfte ausgebreitet auf kaum einen Schreibtisch passen. Um das Zahlengewirr richtig zu verstehen, sollte man das Erstlingsheft vom August unbedingt aufheben. Hier findet sich eine Einführung in Fachsprache und Zeichnungen.

Wer möchte, kann die neuen Kenntnisse natürlich gleich durch praktische Umsetzung vertiefen und mit dem Bau der Gartenmöbel im August-Heft anfangen. Am Ende der Fotoreihe mit den einzelnen Bauphasen steht auf Seite 41 ein blondes Mädchen und fragt im Stil einer Wurstverkäuferin: „Darf es einer mehr sein? Es schadet sicher nicht, für Gäste immer ein paar Stühle auf Vorrat zu haben.“

Die zentrale Frage bei derart fleißiger Möbelproduktion wird nicht vergessen und mutig angesprochen: „Wohin mit den Sitzmöbeln, wenn der Sommer vorbei ist?“ – Mit Selbst ist der Mann sei das „ganz einfach“. Der Tisch sei zusammengeklappt nur 7 Zentimeter dick, die Stühle noch schmaler. „Damit findet sich wohl auf jedem Balkon und in allen Garagen noch ein Plätzchen, um sie unterzubringen.“ Ganz bestimmt.

Wer so arbeitet, wie in den Musterszenen vorgeführt, verfügt schließlich über folgende Geräte: Elektrohobel, Dickenhobeltisch, Stichsäge, Sägetisch, festgespannten Bandschleifer mit Winkelanschlag, Kreissäge „oder solch eine Hand-Gehrungssäge“, Bohrständer, 6-mm-Scheibennutfräser, aufblasbare Schleiftrommel an der Bohrmaschine, Fräser mit Anlaufring. Wohnt hier etwa jemand noch nicht im Eigenheim mit großem Hobbykeller? Matthias Fink