Naturkautschuk und PVC vertragen sich nicht

■ Das erste Geschäft für ökologisches Bauen in Ostberlin feiert zweijährigen Geburtstag / Individuelle Beratung der KundInnen statt Ökofundamentalismus

Alles begann mit der Idee, ein Haus aus Lehm zu bauen. Ein richtiges Öko-Haus – das hatte sich Elke Szukal immer gewünscht. Als sie feststellte, daß es in Berlin keine Firmen gab, mit deren Hilfe sie es hätte aufbauen können, gründete die 34jährige mit zwei Leuten „Denkum“, einen Betrieb für den Bau von Lehmhäusern. Doch das Projekt lief nicht so gut. „Da habe ich mich gefragt, warum machst du das eigentlich nicht allein“, sagt Elke Szukal.

Seit 1993 betreibt Elke Szukal einen Laden für ökologische Baumaterialien. Mit Erfolg. Sie verkauft Pfanzenfarben, Lacke, Holzöle und Wachs, Fußböden aus Naturmaterialien, Möbel aus Holz. „Gesund Bauen“ steht auf dem Eichenschild über ihrem Laden in Berlin-Mitte. Vergangenen Dienstag hat sie zweijähriges Jubiläum gefeiert.

Ihr Laden ist der einzige der Branche im Ostteil der Stadt. Den Kiez im Herzen Berlins hat sich die Ostberlinerin ganz bewußt ausgesucht. Die Miete war günstig. Vor allem aber ist sie dort aufgewachsen, kennt sich aus. „In dieser Gegend wurde zu DDR-Zeiten angeblich alles gut renoviert. Doch in Wirklichkeit bestehen unzählige Mängel“, sagt sie. „Ich weiß, daß die Leute etwas dagegen tun wollen, nur wissen sie nicht, wie.“ Oft wurde mit lange ausgasenden Farben gestrichen oder wurden die alten luftdurchlässigeren Kastenfenster durch Isofenster ausgetauscht. Die meisten ihrer Kunden kommen aus dem Osten, schon weil sie Hemmungen haben, sich im Westteil beraten zu lassen, schätzt die Existenzgründerin.

Ebendies steht bei Elke Szukal an erster Stelle: sachgemäße Beratung. Und zwar umsonst. Denn oft kommen Kunden, aufgeschreckt durch Zeitungsmeldungen über giftige Farben oder gefährlich luftdicht isolierte Häuser, zu ihr und wollen wissen, was überhaupt ökologisch und gesund ist. „Es ist wichtig, die Leute vor dem Kauf individuell zu beraten, was für ihre Ansprüche das richtige ist.“

Denn schließlich haben die meisten Leute natürlich bereits eine eingerichtete Wohnung. Und längst nicht alles, was in den Haushalten steht, ist ökologisch. Konventionelles verträgt sich aber nicht immer mit Naturprodukten. So kann man bei einem PVC-Belag kaum Naturkautschuk als Kleber verwenden – er hält schlicht nicht. Auch eine umweltfreundliche Holzlasur kann problematisch sein. Auch angeblich unbehandelte Holzbretter sind oft mit Erdöl tiefenbehandelt. Streicht man Naturöl drauf, drängt das Erdöl nach außen, und die Platte ist verharzt. Ärgerlich, zumal einige Ökoprodukte immer noch teurer sind als die Massenware in den großen Baumärkten.

„Werden natürliche Baumaterialien nicht richtig verwendet, ist der Kunde schnell enttäuscht“, sagt Elke Szukal, „und schiebt das auf die Untauglichkeit von Ökoprodukten.“ Vorurteile gegenüber Öko gebe es ohnehin genug. Vor allem allerdings unter den Architekten.

Deshalb berät die Unternehmerin nicht nur im Geschäft, sondern zieht mit ihren drei Mitarbeitern durch die Wohnungen, schaut sich dort die Wärmedämmung, Farben, Bodenbeläge vor Ort an und erstellt Konzepte für ökologische Renovierungen, Umbauten oder Restaurierungen – bis hin zur Schilfdachdeckung. Dabei arbeitet sie mit andern Fachleuten zusammen, ob mit Tischlern, Maurern oder Malern.

Inzwischen hat Elke Szukal umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Sie ist durch Deutschland gereist, um sich bei den Firmen, deren Produkte sie verkauft, über Herstellung und Verarbeitung zu informieren. Sie hat Seminare zum Thema ökologisches Bauen besucht. Ohnehin probiert sie grundsätzlich alles, was sie ihren Kunden empfiehlt, selbst aus.

Ökologisches Engagement gehört für Elke Szukal auch dazu. Sie will ihre Kunden schon darauf aufmerksam machen, welche Umweltsünden im Alltag in Baubereich lauern. Eine verbissene Naturfundamentalistin ist sie keineswegs. „Öko um jeden Preis ist nicht machbar. Für mich geht es darum, aber es geht darum, Kompromisse zu suchen. Damit man morgens mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen kann.“ Anja Dilk