Wo bitte geht's zum Buddelschiff-Museum?

■ Ein neuer Museumsführer für Bremen und Niedersachsen listet das Kuddelmuddel der Heimatmuseen auf und lichtet es sogar ein wenig.

Walter Honig war ein Lehrer durch und durch. Kaum vermochte ihn sein Posten als Realschulrektor auszufüllen; nein: Um auch die übrigen Bevölkerung sollte unterrichtet werden, so baute er nebenbei ein ganzes Museum auf. Dort erfährt das Volk von Honigs Heimatstadt Hitzacker, wie es überhaupt zu Hitzacker kam, wie alt die Burg auf dem Weinberg ist (fast 1200 Jahre) und mit welcher Art Nudelholz die Hitzackerin zu Kaiserszeiten ihren Haushalt führte. Walter Honig, das Walter-Honig-Museum und Hitzacker: Alles findet sich im „Museumsführer Niedersachsen Bremen“, den der Hauschild Verlag soeben in neuer Auflage und Aufmachung auf den Markt gebracht hat.

Die nahezu 500 Museen im Lande hat der Verlag erstmals eigenhändig in Augenschein nehmen lassen. Niedersachsen ist weit, die Dörfer mit Heimatmuseumsanschluß ohne Zahl. So ließ der Museumsverband des Landes, Herausgeber des Führers, bisher einfach die Museen selbst kurze Waschzettel verfassen, welche der Verlag dann getreulich abdruckte. Nun aber schickte man sieben HistorikerInnen ins Feld, alles zu besehen und bewerten – das Engagement der Niedersächsischen Sparkassenstiftung machte es möglich.

An Kritik sollte erstmals nicht gespart werden, wie das Vorwort den Leser einstimmt. „Aus einem engagierten Interesse heraus und grundsätzlich wohlmeinend“ sollten die AutorInnen „gelegentlich auch auf Mängel hinweisen“. Gerade bei kommerziellen Einrichtungen, die unter dem Etikett „Museum“ segelten, stimmten „Anspruch und Wirklichkeit nur selten überein“.

Gleiches ließe sich nun auch von Hauschilds Führer behaupten. Kritischer Anspruch und wohlmeinende Wirklichkeit liegen auf den 470 Seiten doch recht deutlich auseinander. Aber man will das geneigte Museumspublikum ja auch erstmal gründlich informieren, bevor man schon wieder an den ollen Vitrinenpräsentationen herummäkelt. So ist der Führer vor allem eine ausufernde Sammlung von braven Texten und Bildern. Und damit repräsentiert das Büchlein das wunderbare Kuddelmuddel heimischer Heimat-, Kunst- und Geschichtsmuseen ja ganz fabelhaft.

Häufig ist es die Landschaft selbst, deren Besonderheiten zum Museumsthema werden. Ein Buddelschiff-Museum hält man in Neuharlingersiel für die Touristen bereit. Warum der Schwarztorf immer noch die Nummer 1 unter den Heiztorfsorten ist, erfährt man im „Historischen Moorhof Augustendorf“ in Gnarrenburg (sic!): Dort wird vor Ort noch selbst gestochen und gefeuert. Cuxhaven hält sich aus naheliegenden Gründen ein Wrackmuseum, Wilhelmshaven ein Küstenmuseum.

Ein Küstenmuseum, das ist in Norddeutschland keine Kunst, möchte der Kritiker einwenden. Den verweist das Büchlein höflich an exotische und weltoffene Unternehmen wie das Heimat- und Skimuseum Braunlage. Oder an das Brasilienmuseum, vom Kloster Bardel (Bad Bentheim) zu Ehren der Franziskaner-Missionare errichtet.

Von der topmodernen Kunsthalle Emden bis hinab zu den kleinsten und gemeinsten Heimathäusern haben die AutorInnen alles summarisch, z.T. aber doch auch detailreich aufgelistet. Schön ist das Lob des „Muschel- und Schneckenmuseums“ in Norden zu lesen. Relikte „aus allen Weltmeeren“ wurden in der örtlichen Gnurre-Mühle gewissermaßen angeschwemmt. Die Faszination dieser Privatsammlung „wird unterstützt durch die liebevolle Präsenttaion und die persönliche Vermittlung durch die Sammlerin“, heißt es herzerwärmend.

Die wenigen kritischen Worte muß z.B. das einzige Panzermuseum im Lande einstecken. Abgebildet ist der Sturmpanzerwagen „Wotan“ in ganzer Panzerpracht – ein Eindruck, den die Autorin bestätigt: Das Ganze habe den „Charakter einer militärfachlichen Lehrsammlung“. Und auch das Walter-Honig-Museum kommt nicht ganz ungescholten davon. „Die Präsentation der Schausammlung ist nicht mehr zeitgemäß“, belehrt man die Stadt Hitzacker. Und siehe: „Das Museum befindet sich im Umbruch“. Es währt eben auch die Geschichte nicht ewig.

Thomas Wolff

“Museumsführer Niedesachsen und Bremen“, Verlag H.M. Hauschild (Bremen) 470 S., diverse Farbabb, 32 Mark