„Hands up!“

■ Von der militärischen Nutzung zur zivilen: Filme im Original sind in und laufen außerhalb der Kasernen-Kinos

„Tonight, we are showing „Batman forever“ in the original English version with no subtitles“.Verspricht der Ansagedienst des Berliner Kinos „Odeon“, das sich seit Jahren durch Filme in der englischsprachigen Originalfassung profiliert. Mit wachsendem Erfolg. Seit 20 Jahren werden untertitelte Fassungen im Kino eingesetzt, seit fünf Jahren auch reine Originalversionen. Auch in Bremen haben sich Originalfassungen und untertitelte Versionen fremdsprachiger Filme eine Marktnische erobern können. „Das ist seit einigen Jahren eine richtige Mode“, sagt Thomas Settje vom Programmkino „Cinema“.

Angefangen hatte es mit dem Trend zum Original ganz pragmatisch: Dort, wo Alliierte stationiert waren, mußte es auch Kino im Original geben. Die Kinos in den Kasernen spielten die neuesten Hollywood-Produktionen für die Soldaten im Original und – zusätzlicher Wettbewerbsvorteil – zeitgleich zum US-Starttermin. Doch dieser Vorteil ist ziemlich zusammengeschmolzen. Heute sind die Soldaten weitgehend verschwunden, und die großen Verleiher machen häufig auf dem Auslandsmarkt bessere Umsätze als im Produktionsland selbst. Folge: Die US-Filme – mehr als 80 Prozent des deutschen Kinomarktes – kommen mitunter schon ein bis zwei Wochen nach dem US-Start in die Kinos. In Hamburg, Berlin, Frankfurt und München werden sie zudem zusätzlich in der Originalfassung gestartet. Jetzt allerdings fürs „zivile“ Publikum. Nachdem sie in den Großstädten ausgewertet sind, kommen sie in die Provinz, dann ist auch Bremen am Zuge. Hervorgetan hat sich im Bereich Originalfassung bzw. Original mit Untertiteln seit 1987 besonders das Kommunale Kino 46. Das Publikum ist treu. Die Fangemeinde derer, die John Travolta oder Bruce Willis, den Slang der New Yorker lower East side oder Sandra Bullocks Liebesgeflüster lieber im Original hören als in der sterilen Synchronfassung, wächst. Denn oft sind es gerade die glatten, gut geölten Stimmen der SynchronsprecherInnen, die mitunter dem Film die Stimmung austreiben. Nicht zu reden von den inhaltlichen Verbiegungen, die in Kauf genommen werden, um Lippensynchronität zu erreichen.

Um Originalfassungen zu genießen, ist Vokabeltraining vorab kein Muß. Immer noch sind die Bilder das wichtigste im Kino, und in der untertitelten Version leistet der kurze Blick auf die Übersetzung didaktische Schützenhilfe. „Natürlich, wenn der Slang zu heftig ist, reicht bei manchen das Schulenglisch nicht aus. Aber Laurel and Hardy-Filme oder „Harold and Maude“ im Original gehen immer gut“, sagt Thomas Settje vom „Cinema“. „Und wem der Wortwitz entgeht, hat seinen Spaß am Slapstick.“

Erstaunlicherweise sind Untertitelungen kostspieliger als Synchronfassungen, denn die Untertitel müssen in jede Kopie neu mit Lasertechnik eingeätzt werden, während das Synchronband, einmal erstellt, für eine oder 400 Kopien verwendet werden kann. In der kleinen Branche Filmuntertitelung hat die Luzerner Firma „Cinetyp“ mit Filiale in Hollywood einen guten Klang. „4000 Mark ist das mindeste, was eine Untertitelung kostet“, sagt Margret Walter von „Cinetyp“, „wenn mehr gesprochen wird, wird es teurer.“

Im Kommunalen Kino 46 kooperiert man seit Jahren mit dem Institut Français und dem Kulturverein „Culture Vulture“, einer Art informellem britischem Kulturinstitut der anglistischen Fakultät, um an Originalfassungen zu kommen. „Viele Zuschauer sind Stammgäste geworden“, sagt Alfred Tews vom Kino 46. Wobei die französischsprachigen Filme im gut ausgestatteten Kinosaal des Institut Français laufen. Ab September werden auch Filme in spanischer Originalfassung zu sehen sein. Dann wird das Istituto Cervantes seine Pforten geöffnet haben; Originalfassungen sollen dann in der Angestelltenkammer zu sehen sein. In den kommenden Wochen gibt es Original- und untertitelte Fassungen satt in Bremer Kinos. Sogar eine dänische Originalfassung (“Nattevagten“ /“Nachtwache“) und, originellerweise, eine Hongkong-Produktion in Mandarin-Fassung ohne Untertitel sind dabei.

Alexander Musik

Filme in Originalfassung mit Untertiteln im August: „What's Eating Gilbert Grape?“, „Amigomio“, „Pulp Fiction“, „Abyss“ (alle Cinema); „Nattevagten“, „Crumb“, „Deadly China Dolls“, „The Barefoot Kid“ (Hongkong-Night) (Kino 46); Originalfassungen: „Speed“, The Big Blue“ (Cinema); „Phase IV“, „Silent Running“, „Le frisson des vampires“, „Requiem for a vampire“ (Vampirnacht), „Robotrix“ (Kino 46)