„Meine Mutter hat Mielke Schmalzstullen geschmiert“

■ Die Schriftstellerin Monika Maron äußert sich zu ihren Stasi-Kontakten. Der Autor Jürgen Fuchs wirft ihr vor, noch heute die Stasi nicht als Feind wahrzunehmen

Berlin (taz) – Neugierde, revolutionäre Romantik, endlich einmal ein richtige Tat. Das sind die Motive, die die Schriftstellerin Monika Maron für ihre kurzzeitige, fast zwei Jahrzehnte zurückliegende Stasi-Anbindung angibt. „Ich hatte Kontakt“, erklärt die ebenso brillante wie manchmal auch polemische Essayistin in einem gestern in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Interview, „ich habe mit denen gesprochen. Ich habe zwei Berichte geschrieben, die ich damals gern in der Zeitung gedruckt gesehen hätte.“

Die Treffen mit einem Major der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA, die für die Auslandsspionage zuständige Abteilung der Staatssicherheit) charakterisiert sie in dem Zeitungsgespräch als Streitgespräche. Sie sagt, „wir haben uns eigentlich sehr gestritten. Ich fand das damals sogar komisch, das kann man heute kaum jemandem vermitteln. Das Gefühl, der Staatsmacht was ins Gesicht gesagt und damit vielleicht was erreicht zu haben.“ Einschränkend fügt sie dann hinzu: „Was natürlich albern ist, denn man hatte ja nichts erreicht.“

An anderer Stelle bezeichnet Monika Maron, Tochter des früheren DDR-Innenministers Karl Maron, ihre Haltung gegenüber den Mächtigen der Stasi bis zu ihrem Bruch mit der DDR aus Anlaß der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann als „hybrid“. Aufgewachsen sei sie „unter Generälen. Meine Mutter hat zu Hause Mielke Schmalzstullen geschmiert. Wovor sollte ich eigentlich Angst haben?“

An ihren Berichten, soweit sie denn bekannt sind, dürfte der für Maron zuständige Stasi-Offizier tatsächlich nur wenig Freude gehabt haben. Einerseits weigerte sie sich, Informationen über Freunde aus der DDR weiterzugeben (sie will ausschließlich über ihr unbekannte Personen aus dem Westen berichtet haben), andererseits kritisierte sie die DDR von der linken Warte aus. So heißt es etwa in einem Bericht über West-Berlin, den der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe zitiert: „Wenn ich in ein Restaurant kam, fand ich einen Platz und wurde nicht durch ein Schild gezwungen, wie ein unmündiger Idiot in der Türe zu stehen und zehn Minuten auf den Platzanweiser zu warten. Eine DDR-gastronomische Willkürmaßnahme, die ich zumindest in ihren Auswirkungen für staatsfeindlich halte.“

Jürgen Fuchs, einer der am meisten verfolgten Schriftsteller in der DDR, dem die Stasi auch noch nach seiner Ausbürgerung in den Westen nachstellte, stößt sich an dem „Beschwichtigungston“, den Monika Maron im Rückblick auf ihre Stasi-Kontakte anschlägt. Heute noch würde Maron den Staatssicherheitsdienst nicht „als Feind annehmen“.

Die Passagen in den Stasi-Unterlagen, in denen Maron nach der Biermann-Ausbürgerung mit der Aussage zitiert wird, „es hätten sich Methoden gefunden, um Biermann in der DDR zu bestrafen bzw. zu erziehen“, nennt Fuchs schlicht „ein Ausklinken aus der Solidarität“. Auch daß die Schriftstellerin Manuskripte zu ihrem Buchprojekt „Flugasche“ der Stasi zum Gegenlesen gab, empört Fuchs. Maron erklärt das damit, daß sie die HVA „für ein bißchen aufgeklärter“ als ihren Cheflektor mit Stasi-Anbindung eingeschätzt habe. Jürgen Fuchs vermutet dagegen, daß sie sich wohl nur hatte „absichern“ wollen.

Gefragt, ob sie heute noch ihre Kontakte zum Staatssicherheitsdienst richtig finde, erklärt Monika Maron der FAZ: „Nein. Es bleibt eine Dummheit. Aber warscheinlich würde ich es wieder tun, aus blanker Neugier.“ An anderer Stelle, vor dem Bekanntwerden ihrer Stasi-Kontakte, hatte Maron in einem Essay im August 1992 geschrieben: „Es mag frivol klingen, aber es ist die Wahrheit: Ich habe unter der Stasi weniger gelitten als unter Kellnern, Klempnern und Taxifahrern. Die Stasi konnte ich ignorieren, ich brauchte sie nicht.“ Wolfgang Gast

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