Wie „chinesisch“ wir essen wollen

■ China in Bremen (1) - heute: China-Restaurants Von Ming Yin undYu Xi

Ming Yin, Studentin in Bremen, und Yu Xi, ihr Mann, Journalist in China, sind für ein paar Tage zu Gast in der Bremer Lokalredaktion der taz. Sie wollen in einer kleinen Serie über einige Aspekte von „China in Bremen“ berichten.

Wenn ein steinerner Löwe, ein Paravent, die rote Laterne und Goldfische direkt hinter dem Eingang stehen, muß niemand mehr fragen: das ist sicher das chinesische Restaurant. „Es ist ziemlich anstrengend, als Kellner hier zu arbeiten“, erzählt Frau Che in fließenden Deutsch im China-Restaurant Peking in der Hankenstraße.

Bei unserem Besuch morgens um 11 Uhr gab es noch nicht viel Gäste. Frau Che trug eine weiße Bluse und einen schwarzen Rock, ihr Bruder stand in weißem Hemd und schwarzer Hose am Tresen. Mit ihrer Kleidung springen sie sofort ins Auge der Gäste.

Die Eltern von Frau Che, die nebenan saßen, kamen 1960 aus Hongkong nach Bremen, und mit der Hilfe ihrer Freunde fingen sie 1971 an, das China-Restaurant zu betreiben. Damals gab es in Bremen nur vier China-Restaurants. Vor ein paar Jahren hat die Familie Che noch ein zweites Restaurant in Bremen eröffnet. Frau Che hat noch vier Brüder. Heute arbeiten sie fast alle in der chinesischen Gastronomie, wie ihre Eltern.

„Wir gehören zu der zweiten Generation der Chinesen hier in Europa. Beruflich sind wir sehr von den Eltern abhängig. Ich habe mal Jura zwei Jahre studiert, aber ich konnte mein Studium nicht abschließen“, erzählte Frau Che. Diese Entscheidung habe sie selbst getroffen, versicherte sie. „Es gab viele Gründe. Aber seit langem ist es mir klar, wir sind in diesem Weg geboren. Ich habe noch nicht erlebt, daß einer aus unserer Generation die chinesische Gastronomie verlassen konnte. Es ist am einfachsten, die Beschäftigung von den Eltern anzunehmen. Wahrscheinlich hat die dritte Generation etwas mehr Glück und bessere Aussichten. Aber wir möchten natürlich auch was ändern, nicht wie unsere Eltern, sie haben damals sehr hart gearbeitet, ohne Urlaub, ohne Feiertage, ohne alles. So etwas will ich nicht.“

Chinesen legen sehr großen Wert auf Essen. So haben sich in verschiedenen Gebieten von China Spezialitäten mit verschiedenem Geschmack entwickelt, die meistens den Gewohnheiten und dem Klima dort entsprechen. Es gibt im Wesentlichen acht Speiserichtungen im chinesischen Essen. Herr Che, der Vater, der früher als Koch gearbeitet hat, erzählte, am Anfang seiner Berufstätigkeit habe er versucht, ein traditionelles chinesisches Essen, die Chuan-Yang-Speisen mit besonderer scharfer und süßer Zubereitung, nach Deutschland zu bringen. Aber es hat den Gästen nicht gut geschmeckt. So hat er seine Speisen „europäisiert“ und dem Geschmack seiner Gäste angepaßt. Jedes Gericht hat mehr Sauce, die viel dicker als das normale chinesische Essen ist.

In seinem zweiten Restaurant arbeiten ein Sohn der Familie und seine Frau. Es war gerade die Mittagszeit, niemand hat Zeit, sie sagen kurz: „Wir sind zufrieden mit dieser Beschäftigung. Nur, wir haben zu wenig Zeit für die Kinder, sie können nur bei den Großeltern bleiben.“

Die meisten Betreiber chinesischer Restaurants kommen aus Vietnam, einige auch aus Hongkong, Taiwan oder aus dem Festland Chinas.

Ihre Gäste sind ganz selten Chinesen. Im China-Restaurant Cui Yuan sagte der kleiner Besitzer, „mit dem chinesischen Gast kann ich überhaupt nicht rechnen“. Herr Chen, Besitzer des China-Restaurants Chenjiayuan, kam 1975 aus Shanghai nach Bremen. Damals kannten sich die deutsche Gästen mit chinesischem Essen noch nicht so gut aus. Sie sahen das China-Restaurant als eine Kantine, wo man sich halt preiswert satt essen kann und nicht lange zu warten braucht. Das hat sich geändert, heute gibt es allein in Bremen schon mehr als 30 China-Restaurants. „Wenn die Gäste heute im China Restaurant Ente probieren möchten, möchten sie knusprig gebratene Ente haben, nicht wie früher einfach im Sojasoße gekochte Ente. Die Ente soll auch Cherry Valley aus England sein“, erzählte Herr Chen, der ungefähr 40 Jahre alt ist.

Herr Chen spricht gut deutsch wie die meisten Chinesen dieser Generation, die hier geboren sind. Sie wissen viel von den Deutschen und ihrem Geschmack, haben auch westliche Gedanken übernommen. Sie wissen gut, daß ihr China Restaurant sich an den europäischen Geschmack der „chinesischen Küche“ anpassen muß, um konkurrenzfähig zu bleiben.