Pfändung statt Superrendite

Die Staatsanwaltschaft ist einer neuen Form von Anlagebetrug bei Häuslebauern auf der Spur. Zwei Kaufleute sitzen wegen der 250-Millionen-Gaunereien schon in U-Haft  ■ Aus Augsburg Klaus Wittmann

Die Augsburger Staatsanwaltschaft ist nach der Anzeige eines Bürgers aus Ostdeutschland einer bestens organisierten Bande von Anlagebetrügern auf die Schliche gekommen. Zwei Kaufleute aus der Gegend um Augsburg herum sitzen seit einem halben Jahr in Untersuchungshaft. „Die Betrüger werben mit Renditen von 72 Prozent jährlich“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Jörg Hillinger. Man gaukle Häuslebauern vor, sie sollten ihr Grundstück nicht nutzlos herumliegen, sondern für sich arbeiten lassen. Dazu müsse der Grundschuldbrief nur bei den angeblichen Wirtschafts- und Finanzberatern abgegeben, nicht etwa der Besitz abgetreten werden. Sogenannte europäische Prime- Banks würden dann damit arbeiten und entsprechende Gewinne ausschütten.

„Man verkauft das alles als ein sogenanntes Immobilien-Wertdifferenzierungs-Geschäft“, erläutert der Staatsanwalt. Tatsächlich aber werden die Grundschulden, durch raffinierte Verträge entsprechend verklausuliert, doch abgetreten. Für die Banken gelten die neuen Herren über die Grundschuld dann als kreditwürdig. Als Sicherheit gilt die Immobilie samt dem daraufstehenden trauten Heim. Der profitgierige, aber gutgläubige Anleger haftet also mit seinem Besitz aus der abgetretenen Grundschuld heraus und verliert im schlimmsten Fall sein Eigentum. Endstation Zwangsversteigerung! Sogar die Bundesnotarkammer hat sich zwischenzeitlich der Sache angenommen und in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder geraten, mögliche Kunden vor derartigen Geschäften zu warnen. Niemand vermag derzeit die genaue Anzahl der Geschädigten zu nennen. Fest steht aber, daß allein die Augsburger Staatsanwaltschaft bei einer großen Durchsuchungsaktion neben denen des Anzeigeerstatters weitere 39 Schuldbriefe sichergestellt und damit die entsprechende Anzahl von Hausbesitzern vor dem Ruin bewahrt hat. „Die Schadenssumme würde sich, wenn sie eingelöst worden wäre, auf 250 Millionen Mark belaufen“, erklärt Hillinger. Das Ermittlungsverfahren gestaltet sich ausgesprochen schwierig, da die betrügerischen Firmen oft mit Banken im Ausland zusammenarbeiten. Nach wie vor, warnt Hillinger, würden ähnlich arbeitende Anlagebetrüger in großen Zeitungen inserieren und ihre krummen Geschäfte recht erfolgreich weiterbetreiben.

Überraschend für die Ermittler: Die Beinahe-Geschädigten zeigten sich nicht etwa erfreut von der staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsaktion. „Im Gegenteil, die haben uns Vorwürfe gemacht, wir würden ihnen ein gutes Geschäft vermasseln“, wundert sich Jörg Hillinger.