Blut mit Himbeergeschmack

■ Eine Berliner Firma liefert künstliches Blut für Film und Theater in alle Welt / Mehr als 20 Sorten für jeden Einsatz auf Lager / Theaterblut ist heller als Filmblut

Arnold Langer betreibt seit 50 Jahren sein blutiges Geschäft. Wenn in Hollywood ein Bösewicht im Kugelhagel verblutet oder Hamlet im Deutschen Theater tödlich verwundet zu Boden sinkt, reiben sich der 74jährige Firmengründer und sein Sohn Wolfram zufrieden die Hände. Was auf Leinwand und Bühne rot fließt oder spritzt, stammt in der Regel aus den Labors der Firma Kryolan, die in einem unscheinbaren Haus im Bezirk Wedding untergebracht ist. „Im Blutbereich sind wir international führend“, sagt Wolfram Langer.

Kunstblut macht zwar nur zwei bis drei Prozent des Umsatzes der Firma aus, die sich auf professionelle Schminke, Bärte, Glatzen, Narben und alle nur erdenklichen Verwandlungsutensilien spezialisiert hat. Es hat jedoch den weltweiten Ruf des Hauses begründet. „Es ist ja nicht damit getan, daß man eine Sorte künstliches Blut im Angebot hat“, sagt Wolfram Langer. „Für jeden Einsatz muß es ein wenig anders sein.“ Mehr als 20 Sorten Blut in unterschiedlicher Farbe und Konsistenz gibt es daher bei Kryolan.

Theaterblut zum Beispiel ist heller und kräftiger als Filmblut, damit es auch die Zuschauer in den letzten Reihen noch sehen können. Für die Fernsehaufzeichnungen muß es deutlich brauner sein. „Wenn es spritzen soll, muß es natürlich sehr flüssig sein“, meint Langer.

Das Berliner Kunstblut gibt es in Kissen und Kapseln, als Gelee, zum Aufschäumen mit Speichel im Mund oder Latexpaste für Krusten, schnelltrocknend oder lange fließend, gelblich für die Augenpartien und als Puder, das bei Berührung mit Wasser rote Rinnsale erzeugt.

„Wir liefern in alle Welt, auch in die USA“, sagt Langer. Die internationale Nachfrage ist so groß, daß Kryolan Niederlassungen in Kalifornien und London gegründet hat. Die Berliner haben unter anderem für „Schindlers Liste“ und den „Namen der Rose“ das Blut geliefert. Rund 55 Mark kostet ein Liter mittlerer Qualität, für Spitzenprodukte sind es bis zu 20 Mark mehr. „Viel Geld kommt da nicht zusammen. Wenn in einem Film 30 Liter Blut gebraucht werden, ist es schon viel“, sagt der Juniorchef.

Woraus der ganz besondere Saft genau besteht, ist Firmengeheimnis. Wichtige Zutaten der Mixtur sind Wasser, Glycerin, Haftmittel, Konsistenzmittel und Farbstoffe. Für Blutkapseln gelten die strengen Richtlinien des Lebensmittelgesetzes. Gegenüber dem echten hat das Kunstblut einen unschätzbaren Vorteil: „Es schmeckt nach Erdbeer oder Himbeer, das sind die beliebtesten Sorten“, sagt Langer. Ralf Neukirch, AP