Landfrauen kein Thema

■ Die meisten Frauen auf der Welt beackern Felder und halten Kleinvieh

Chief Bisi Ogunleye ist empört: „Die Landfrauen sind viel zu kurz gekommen.“ Die Vorsitzende des nigerianischen Landfrauenverbandes ist eine unermüdliche Anwältin für die Belange von Kleinbäuerinnen und Frauen auf dem Land. „Die sind heute überall auf der Welt schlechter dran als vor zwanzig Jahren, zur Zeit der Ersten Weltfrauenkonferenz.“

Tatsächlich bekommen Landfrauen in der Bilanz der Vereinten Nationen nur unter der Überschrift „Ländliche Armut“ ein Quentchen Aufmerksamkeit ab. Landwirtschaft ist kein Thema mehr – obwohl die Mehrheit der Frauen weltweit immer noch Felder beackert, Gärten bepflanzt und Kleinvieh füttert – zur Selbstversorgung oder zum Verkauf auf dem nächsten Marktplatz.

Die Autorinnen der UN-Bilanz hatten beim Schreiben eindeutig eine markt- und erwerbswirtschaftliche Brille auf der Nase. Subsistenzwirtschaft kommt nicht vor. Sprache und Logik der Bilanz wurzeln in der orthodoxen Ökonomie. Der männliche, vollzeit- und lebenslang beschäftigte Lohnarbeiter ist das Maß, an dem gemessen wird. Da heißt es, die Bedeutung der Frauen für die Wirtschaft wachse, je mehr Erwerbsarbeit sie leisten – so, als hätte unbezahlte Frauenarbeit keine wirtschaftliche Bedeutung. Da werden flexible Arbeitsformen wie Teilzeit- und Heimarbeit „atypische“ Arbeit genannt, obwohl sie für Frauenarbeit gerade typisch sind.

Gleichzeitig hat beispielsweise die Weltbank das traditionelle Wissen von Frauen in der Subsistenzarbeit zur Abfederung ökologischer Krisen entdeckt, so wie die Frauen mit ihrer Füsorgebereitschaft längst auch eine Pufferfunktion für die ökonomische Krise ausüben. Christa Wichterich

Von Christa Wichterich ist soeben ein Buch zur Weltfrauenkonferenz mit dem Titel „Frauen der Welt – Vom Fortschritt der Ungleichheit“ erschienen. Es ist im Lamuv Verlag, Göttingen, herausgekommen und kostet 29,90 DM.