Dok-Film-Moralist des DDokFilms

■ Morgen in der „Schauburg“: zettBeh-Sommergast Gordian Troeller, Dokumentarfilmer

An Gordian Troeller kommt man nicht vorbei, er ist ein Dinosaurier unter den Dokumentarfilmern. Ob Waisenkinder in Eritrea, Basken in Spanien oder Frauen in Togo, Troellers Filme kommen aus allen Ecken der Welt. Aber er hat sich nie darauf beschränkt, sachliche Informationen in die deutschen Wohnzimmer zu senden. Vielmehr traut er sich, auf farbenprächtige Exotik zu verzichten und statt dessen die Schattenseiten zu zeigen. Und daß der Wohlstand der westlichen Welt immer direkt mit der Armut der Entwicklungsländer zusammenhängt, hat er auch in seinen Filmen gezeigt.

Zu seinen politischen Überzeugungen ist er schon früh gekommen. Bereits als 17jähriger stürzt er sich auf Seiten der Linken in den Spanischen Bürgerkrieg, und während der Nazizeit ist er aktiv im antifaschistischen Widerstand. Er arbeitet in einer Organisation mit, die Verfolgten hilft, nach Portugal zu fliehen. Nach dem Krieg wird er Journalist. Zuerst als Korrespondent der kanadischen Armee in Deutschland, später für verschiedene ausländische Zeitungen.

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Marie-Claude Deffarge begleitet er 1952 ein halbes Jahr lang einen persischen Nomadenstamm auf seinen Wanderungen. Er selbst sagt, daß diese Erfahrung seinen Glauben in die zivilisatorische Überlegenheit der westlichen Welt grundlegend erschütterte. In den folgenden Jahrzehnten wird deshalb die kulturelle und wirtschaftliche Verelendung der Entwicklungsländer zu dem zentralen Thema für das Paar. Mehrere Jahre leben sie im Mittleren Osten und berichten aus dem Irak, aus Syrien, dem Libanon, der Türkei und aus dem Iran, bevor Troeller 1958 erstmals eine feste Anstellung bei der „Revue“ übernimmt. Später wechselt er zum „stern“, wo er bis 1970 bleibt. Danach tauscht er den Stift endgültig gegen die Kamera aus und macht nur noch Filme. Aber abgesehen vom Medium ändert sich nichts. Troeller und Deffarge bleiben bei ihren Themen – auch nachdem Troeller 1974 bei Radio Bremen eine feste Anstellung bekommt. Er initiiert dort drei Filmreihen, in denen er dann seine „subjektiven, einseitigen und radikalen Filme“ (so ein Kritiker) zeigt.

„Im Namen des Fortschritts“ ist die erste Reihe, sie zeigt den zerstörerischen Einfluß des kulturellen und wirtschaftlichen Imperialismus in der Dritten Welt. Die zweite Filmreihe, „Frauen der Welt“, startet 1979. In zwölf Beiträgen setzt er sich mit der Stellung der Frau in patriarchalen Gesellschaften auseinander.

Und seit mittlerweile elf Jahren läuft bei Radio Bremen sehr erfolgreich die Reihe „Kinder der Welt“, an der Troeller bis heute mitarbeitet. Gerade hat der etwa 72jährige (sein genaues Alter verrät er nicht) einen Film über Kinder in Bolivien fertiggestellt, der am 17. August um 23 Uhr in der ARD ausgestrahlt wird.

Gudrun Kaatz

Wer ihn persönlich erleben oder gar befragen möchte, hat dazu morgen früh ab 10 Uhr in der Schauburg Gelegenheit.