Potsdamer Affront gegen Länderfusion

■ Potsdam schließt Berlin bei Planung für gemeinsamen Landtag aus. Ost-Berliner Architekten gewannen Wettbewerb

Der brandenburgische Alleingang, den Bauwettbewerb für das künftige gemeinsame Parlamentsgebäude in Potsdam ohne Berliner Beteiligung zu entscheiden, findet auf der Hauptstadtseite kein Verständnis. Gestern nachmittag beschloß die Potsdamer Jury, die Architekten Krüger, Schuberth und Vandreicke (Berlin) mit dem 1. Preis auszuzeichnen. Das Aussehen des gemeinsamen Landtags hätten auch Preisrichter aus Berlin mitbestimmen müssen, wird im Abgeordnetenhaus kritisiert.

Der Realisierungswettbewerb für das Parlament auf dem Gelände der Potsdamer Speicherstadt war im Frühjahr von der Landesregierung Brandenburg ausgelobt worden. Die Preisrichter hatten 18 Architekturentwürfe zu begutachten. In der Jury saßen Ministerpräsident Manfred Stolpe, Potsdams Bürgermeister Horst Gramlich und Landtagspräsident Herbert Knoblich. Erfolglos hatte die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Laurien, gegen das einseitig besetzte Preisgericht protestiert.

Vergeblich rief Matthias Tang, Pressesprecher der Berliner Bündnisgrünen, gestern vormittag noch zur „Vertagung“ der Entscheidung und zu „gemeinsamer Planung für ein gemeinsames Parlament“ auf. Verärgert reagierte Volker Liepelt, parlamentarischer Geschäftsführer der Berliner CDU-Fraktion. Liepelt interpretierte „den total einseitigen Wettbewerb“ als „Affront“ gegen Berlin. „Ein solches Wettbewerbsverfahren stärkt nicht den gemeinsamen Geist.“ Das von Geheimhaltung geprägte Verfahren hätte öffentlich debattiert werden sollen. Schließlich bedeute der mit großer Schnelligkeit von der Landesregierung Brandenburg durchgezogene Wettbewerb kein gutes Omen für eine länderübergreifende Zusammenarbeit. Die CDU-Fraktion hatte sich in der Vergangenheit gegen den Sitz eines gemeinsamen Landtags in Potsdam gewandt. Trotz des Staatsvertrags setzen die CDUler auf den Preußischen Landtag als Berlin-Brandenburger-Parlament.

Mehr „Sensibilität“ bei gemeinsamen Themen forderte schließlich der SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Böger. Es sei „nicht angenehm, wie Landtagspräsident Knoblich da vorgegangen ist“. Ironisch fügte Böger hinzu, daß bei einer Ablehnung der Fusion, nach der Volksabstimmung am 5. Mai 1996, die Brandenburger dann ein Parlament hätten, „in dem sie Tanzsäle einrichten könnten“. Der Brandenburger Landtag hat nur 88 Sitze, das erste gemeinsame Plenum dagegen soll 200 Sitze haben.

Die Kritik aus Berlin wollte Brandenburgs Pressechef Dorscher nicht hinnehmen. Der Wettbewerb sei eine Sache des Landes gewesen. In Potsdam soll auf jeden Fall ein neues Parlament gebaut werden. Rolf Lautenschläger