Kläranlage im Küchenschrank

■ Umkehrosmose: für die Industrie nützlich, im Hausgebrauch umstritten

Die notwendige Entkalkung der Kaffeemaschine macht klar, daß Wasser aus dem Wasserhahn kein reines Wasser ist, sondern ein mit diversen Mineralien versetztes Gemisch. Was im Haushalt nur lästig ist, verursacht der Industrie hohe Kosten. Deshalb sind Anlagen zur Entmineralisierung von „technischen Wässern“ dort kaum noch wegzudenken.

Eines der wichtigsten Verfahren ist die Umkehrosmose: Wasser wird durch eine so feine Membran gepreßt, daß Fremdstoffe zurückgehalten werden. Heraus kommt fast reines H2O, beinahe vergleichbar mit destilliertem Wasser und optimal für alle, die den Reinigungsaufwand für ihre Geräte klein und deren Lebensdauer lang halten wollen. Nachteile: Die Technik ist aufwendig, die Membranen selbst sind empfindlich und teuer. Auch ist der Wasserverbrauch enorm: Aus einem Liter Rohwasser erhält man nur einen Viertelliter osmotisierten Wassers. Trotzdem wird seit einiger Zeit die Umkehrosmose auch für den privaten Bereich propagiert. So bietet die Firma Aqua Nova solche Anlagen für den Küchenschrank für 1.600 bis 2.500 Mark an. Diese Investition wird dem Privatmenschen nicht nur mit dem Hinweis auf geringeren Aufwand beim Geschirrspülen schmackhaft gemacht. „Reines Wasser schmeckt köstlich“, heißt das Verkaufsargument, und gesund sein soll es auch. Schließlich bleiben in der Filtermembran nicht nur Mineralien, sondern auch Schwermetalle und andere unerwünschte Ingredienzen zurück. Genau an diesem Punkt scheiden sich jedoch die Geister. Aqua Nova vergleicht unser täglich' Trinkwasser mit einem vollbeladenen Wagen: Gesättigt mit allen möglichen Stoffen, könne es auf seinem Weg durch den Organismus keine weiteren Inhalte mehr aufnehmen. Osmotisiertes Wasser dagegen trage zur Entschlackung bei, weil es frei von Fremdstoffen sei und somit seine reinigende Wirkung voll entfalten könne. Andere Experten halten einen solchen Aufwand für übertrieben und empfehlen die Anwendung höchstens dort, wo Haushalte direkt mit Grundwasser versorgt werden, das stark belastet ist. Schließlich birgt die Technik auch Gefahren: Die Anlage arbeitet sehr langsam, deshalb muß das Filtrat in einem Behälter gesammelt werden, um bei Bedarf verfügbar zu sein. Bei Zimmertemperaturen entwickelt sich dieses Wasserreservoir schnell zur Keimschleuder. Deshalb ist eine weitere Filterung vorgesehen, und zur Sicherheit gibt es auch noch desinfizierende UV-Filterstufen – gegen Aufpreis, versteht sich. Vor allem aber ist fraglich, ob man, dem Rat von Aqua Nova folgend, das Umkehrosmose-Wasser tatsächlich in größeren Mengen zu sich nehmen sollte, ohne zuvor einen Teil der entzogenen Mineralien wieder zu ersetzen. Fachleute halten die Wirkung nämlich – wenn auch abgeschwächt – für durchaus vergleichbar mit der von destilliertem Wasser. Und wer davon, so wissen wir aus dem Biologieunterricht, zwei bis drei Liter trinkt, für den hat sich das Problem der Entschlackung erübrigt. J. Siemer