■ Grüße aus Göteborg
: Auf Torrences Kosten

Es ging nicht mit rechten Dingen zu. Und da war Merlene Ottey (35) gnadenlos: „Sie hat betrogen“, sagte sie, „es ist nur gerecht.“ Hatte Gwen Torrence (30) tatsächlich. Die 100-Meter- Weltmeisterin war über 200 Meter in 21,77 Sekunden eine Klasse für sich gewesen, doch in der Kurve dreimal auf die innere Bahnumrandung getreten. Was nach Paragraph 141.3 mit Disqualifikation zu ahnden ist. „Ich kann nicht glauben“, ließ Torrence ausrichten, „daß nun jemand seine Medaille genießen kann.“

Kann jemand: „Es ist mir egal“, lachte Ottey, „ich habe das Gold!“ Es war dies der Moment, in dem Frauen nicht mehr falsch lächelten. Finalistin Trandenkowa hat man nachmachen sehen, wie sie findet, daß Torrence guckt, und es hat ziemlich gruslig ausgesehen. Nun hat es die aus Atlantas schlechterer Gegend stammende Frau mit der Ellbogenmentalität erwischt, und das tut außer ihr keiner weh. Ottey schon gar nicht. Es war bemerkenswert, zu sehen, wie aufgekratzt die offizielle Botschafterin Jamaikas jeden einzelnen Frager mit einem strahlenden Lächeln belohnte. Selbst die Konkurrentin Priwalowa kriegte etwas ab. „Ich mag Priwalowa“, sagte Merlene Ottey ungefragt. Eigentlich tat sie kund, wen sie nicht mag.

*

Ganz allein war Yaznee Nasheeda (17) am Ende auf die Zielgerade gestürmt, hatte angezogen und im Ziel ihre persönliche 800- Meter-Bestleistung um unglaubliche 15,32 Sekunden verbessert. Die steht nunmehr auf 2.34,18 min. Damit war die Athletin von den Malediven zwar 35 Sekunden langsamer als die Vorlaufsiegerin, doch hatte sie sich eh „nicht um die anderen gekümmert“. Nasheeda geht zur Schule und trainiert von vier bis sechs bei Mr. Hani. Sie ist übrigens die jüngere Schwester von Aminath Nasheeda, die bei der WM vor zwei Jahren im vierten Vorlauf über 200 Meter für die Malediven unterwegs war (30,24 Sek). „Sie ist die beste Sprinterin, ich bin die beste Mittelstrecklerin“, sagt Yaznee.

Weil aber die Malediven diesmal nur entweder Sprinterin oder Mittelstrecklerin entsenden konnten, mußte die beste Sprinterin zu Hause bleiben. Nach dem Rennen mußte die Rekordlerin zur Dopingkontrolle. Das Ergebnis: Alles ging mit rechten Dingen zu. pu