Machtkampf im Hause des Diktators

■ Nach der Flucht enger Mitarbeiter und Familienangehöriger des irakischen Staatschefs versichert US-Präsident Clinton Jordanien der Unterstützung. Der Einfluß von Saddam Husseins Sohn Udai wächst

Washington/Amman (AP/dpa/ taz) – Die Flucht von Familienangehörigen des Staatschefs Saddam Hussein und hochrangiger Militärs gilt im Ausland als deutliches Anzeichen für eine ernste Krise des Regimes im Irak. US-Präsident Bill Clinton sicherte dem jordanischen König Hussein demonstrativ Hilfe zu, falls sich der irakische Diktator für die Aufnahme seiner Schwiegersöhne in dem Königreich rächen sollte. Die USA hätten den Nachbarn des Irak bisher geholfen und „wir werden es auch in diesem Fall tun“, sagte Clinton Donnerstag abend in Washington.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums verwies auf verstärkte militärischen Aktivitäten im Irak. Dabei könne es sich um ein geplantes Vorgehen der Armee gegen die Kurden im Norden des Landes, um eine Vorsichtsmaßnahme zum Schutz der politischen Führung in Bagdad oder „eine Bewegung in Richtung Jordanien“ handeln. Die Lage sei aber nicht bedrohlich. Es sei reiner Zufall, daß 2.000 US-Marineinfanteristen auf dem Weg zu einem gemeinsamen Manöver mit jordanischen Truppen im Roten Meer seien, das am Montag beginnt.

Zu der Gruppe, die sich bereits am Dienstag nach Jordanien abgesetzt hat, gehören Saddams Töchter Ragha und Rana und deren Ehemänner, die ihrerseits Brüder sind und zu den engsten Mitarbeitern des irakischen Diktators zählten: Generalmajor Hussein Kamil el Madschid und Oberst Hussein Kamil Hassan. Ersterer diente seinem Staatschef als Industrieminister und war zugleich Leiter des irakischen Waffenprogramms. Er erhielt in Jordanien ebenso Asyl wie Oberst Kamil Hassan und etwa 15 weitere Offiziere.

Nach Ansicht des britischen Nahost-Experten und Guardian- Korrespondenten David Hirst steckt hinter ihrer Flucht ein Konflikt mit dem zunehmend mächtigeren Sohn Saddams, Udai. Dieser will der UNO-Forderung nach Aufgabe der Massenvernichtungswaffen nicht nachkommen und soll gedroht haben, Industrieminister Hussein Kamil – der nach seiner Flucht von seinem Posten entlassen wurde – zu ermorden. Hussein Kamil habe sich stark für die Zerstörung dieser Waffen eingesetzt. Nach Ansicht von Hirst läßt die Tatsache, daß die Familienangehörigen Saddams am Dienstag unbehelligt nach Jordanien fahren konnten, darauf schließen, daß dies mit Einverständis des Diktators geschah.

Nach Agenturmeldungen aus dem Irak wurde der bisherige Chef des Präsidialamtes, Adnan Abdel Madschid Jassim, neuer Industrieminister. Ölminister General Amer Mohammed Raschid wurde amtierender Leiter des Rüstungsministeriums. li