■ Grüße aus Göteborg
: A Champ is a Champ

Ganz zum Schluß, nachdem aus aller SportlerInnen Länder erstere immer wieder in Wort und Tat sich vor zweiteren tief verneigt hatten, trat ein Journalist vor, schnaufte durch und sprach aus, was ihn schon seit Tagen quälte: „Warum sind Sie nur so stolz auf Ihr Land?“ Die Sportlerin, die er angesprochen hatte, blickte ihn fragend an. „Ich fürchte, ich bin nicht so stolz auf mein Land“, sagte er da. Worauf sich ein Journalist aus den USA einschaltete und interessiert fragte: „Warum nicht, woher kommen Sie?“ Und der Gequälte zur Antwort gab: „Aus Deutschland.“ Da zuckten Journalist und Sportlerin gemeinsam mit den Schultern und sprachen verständnisvoll bedauernd: „Na dann.“

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Seit der Schokoriegel eine Pressekonferenz abgehalten hat, über gesunde, sportliche Ernährung im allgemeinen und die Aufgabe des Schokoriegels dabei im besonderen, haben wir keinen Schokoriegel mehr entkleidet, geschweige denn verzehrt. Das war Donnerstag. Nun muß das nichts Besonderes sein, und zugegeben war es auch eher Freitag, doch, hört: Wenn einer Samstag morgen ungefrühstückt ins Museum kommt, und sie stellen ihm einen ungelogenen Eimer voller Schokoriegel hin, und er hat Hunger und verkneift sich doch das Snickern: Soll das etwa nichts sein?

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Nachtrag: Der algerische Leichtathletik-Verband läßt ausrichten, mann sei „erzürnt“, daß es betreffs der Weltmeisterin Boulmerka zu „politischen Spekulationen“ gekommen sei (vgl. taz vom 12. August). Damit werde nicht nur die „Ethik des reinen Sports“ grob fahrlässig mißachtet, sondern auch die Sportlerin und das Land Algerien „diskreditiert.“ Zumindest wird klar, warum Boulmerka nicht mehr zur Sache spricht.

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So ist es also doch noch dunkel geworden im Ullevi. Weil dort seit vielen tausend Jahren der Sonnengott Ull sein Zuhause hat, träumten wir einmal, es würde immer hell und warm so weitergehen. Ein Stück hinter dem Stadion aber liegt ein Wald, und am letzten Abend ist die Sonne dort verschwunden. In unserer aufgewühlten Phantasie aber ist noch immer alles gleißend schwedisch hell. Dort tragen graziöse Elfen auf festen Beinen in gelben Kleidern über die Laufbahn Medaillen zum Podest. Glückliche Menschen sagen wunderschön nichtige Worte. Hallend rauschen die in unserem Kopf. Ohne die Augen zu schließen, sehen wir das Bild Ingmar Johanssons. Vor 36 Jahren hat der schwergewichtsweltmeistrigste Sohn Göteborgs im Ullevi geboxt. Nun hat er an zehntausend Plätzen den Fröhlichen auf dem Weg zur Opferstätte einen Satz mit auf den Weg gegeben: „A champ is a champ.“ Ein wahrer Satz. Das Foto zeigt ihn mit einer Salami. — Was bleibt, sind Gefühle, sind Ahnungen. Begreifen kann man das alles nicht. pu