■ Mit grün-weiß auf Du und Du: Pokaldramen und Hagebutten
Fußball? Alles klar: 22 Leute rennen 90 Minuten über einen rechteckigen Rasenplatz, und wer am Ende die meisten Tore hat, kriegt auch die meisten Punkte. Noch Fragen? Aber hallo. Bekanntlich ist der amtliche Tore- und Punktestand das Langweiligste am Fußball überhaupt. Wer sich auf einfache Wahrheiten wie Ottos lakonisches „Einsnull ist auch gewonnen“ beschränkt, der hat einfach nichts vom Spiel. Die Fragen und Rätsel am Rande des Rechtsecks sind es, die die Fußballgemeinde bewegen. Ein paar davon sind jetzt gelöst: Pünktlich zum Saisonstart bringt der Eichborn-Verlag „341 knifflige, grün-weiße Fragen“, bzw. Antworten, für „den beinharten Werderaner“ heraus; Titel: „Werder Forever“. Ein Brevier für alle Mythenkleinkrämer, ein Schatzkästlein fußballerischer Weisheit, das Autor Bernd Zeigler (“Traumberuf: Stadionsprecher“) mit Liebe zum Detail und viel Selbstironie ausbreitet.
Da werden auch die Fragen der Fußballgeschichte, die ewig strittigen, in kurzweiliger Form abgehandelt, ohne daß man sich Jahrzehnt für Jahrzehnt durch langatmige Kapitel der Vereinsgeschichte robben müßte. Wer war der treffsicherste Stürmer nach dem Krieg? Welches Spielsystem zelebriert 1965 das spätere Meisterteam in Vollendung? Und wie war das nochmal beim Pokaldrama am 1. Mai 1984 – welcher Gladbacher Spieler gab da die Flanke zum das 5:4-Siegtor, „das Werder in heftige Depressionen stürzt“? Tatsächlich: Der Borowka war's.
Den eigentlichen Reiz aber bieten fraglos all die Anekdötchen aus der Geheim- und Privatsphäre der Grünweißen. Wer immer schon wissen wollte, was aus dem Heidschnuckenbock namens „Pico“ geworden ist, der als Maskottchen fungierte, oder welcher Spieler schweren Herzens eine Karriere als „Beat-Schlagzeuger“ aufgab, um Profi-Fußballer zu werden – der erfährt hier Aufklärung.
Wie überhaupt das Buch, dankenswerterweise, mit jeder Antwort neue Fragen stellt. Denn die allerletzten Rätsel, die werden natürlich nicht gelöst, der Fußball nicht entzaubert. Und so darf sich der „beinharte Werderaner“ auch weiterhin das Köpfchen darüber zerbrechen, welche Schuhgröße Uli Borowka hat – Frage 15 in Kapitel 20, die letzte im Buch, bleibt nämlich eleganterweise offen.
Ganz und gar beantwortet wird aber die Redaktions-Lieblingsfrage, und die geht so: „Welcher spätere Werderaner bekommt in der Saison 1968/69 Ärger, weil er gemeinsam mit seinen damaligen Mitspielern in einem Hotel Damen mit Hagebutten bewarf?“ Da kommt man nie drauf, oder?
tw
Arnd Zeigler: „Werder Forever“, Eichborn,, 14,80 Mark
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