Jetzt wieder essen für Kurdistan möglich

■ Hungerstreik beendet. Ehemann von Gülnaz Baghistani klagt gegen Heckelmann

Der Solidaritätshungerstreik von zeitweise bis zu 170 KurdInnen in der Zossener Straße wird heute beendet. Der kurdische Sprecher des Streikkomitees, Achmed Sükü, erklärte, das Ziel des Hungerstreiks, einer breiten Öffentlichkeit den „Völkermord an den Kurden durch den türkischen Staat“ bewußt zu machen, sei erreicht worden. Der Hungerstreik war am 19. Juli begonnen worden, um sich mit der Nahrungsverweigerung von „10.000 Kurden, die als politische Gefangene in türkischen Gefängnissen sitzen“, zu solidarisieren.

Große Medienaufmerksamkeit bekam die Berliner Aktion, als Anfang August nach der Räumung der Hungerstreikdemonstration am Breitscheidplatz durch die Polizei die Hungerstreikende Gülnaz Baghistani starb. „Es war nie unser Ziel, die Situation eskalieren zu lassen, aber mit dem Tod von Gülnaz Baghistani haben wir eine Märtyrerin für die Rechte des kurdischen Volkes“, sagte Sükü vor der Presse.

Der Ehemann der Verstorbenen kündigte rechtliche Schritte gegen die Polizei und den Berliner Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) an. Die gewaltsam aufgelöste Demonstration und die Vertreibung der Demonstranten durch die Polizei habe zu einer Belastung geführt, die bei seiner Frau zum Tod durch Herzversagen geführt hätte, erklärte Hadi Baghistani. Die Berliner Justiz hatte nach einer Untersuchung der Leiche in der vergangenen Woche erklärt, es gäbe keinerlei Hinweise auf ein Fremdverschulden am Tode der Kurdin. Eine weitere Obduktion wird vom Ehemann abgelehnt.

Noch einmal unterstrich das Hungerstreikkomitee, nichts mit der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zu tun zu haben. „Eine Lösung für Kurdistan kann nur über Verhandlungen führen“, sagte Sükü. Dies könne aber nur gelingen, wenn die europäischen Regierungen endlich Druck auf die türkische Regierung ausübten. Der Bundesregierung warf das Streikkomitee vor, das Gegenteil zu praktizieren, indem die Türkei ökonomische, militärische und politische Hilfe von der Bundesrepublik erhalte. Auch innerhalb Deutschlands würden friedliche kurdische Aktionen gezielt von der Polizei provoziert, um die Kurden zu kriminalisieren. Dem Berliner Innensenator warf man in einer Presseerklärung „rassistische Hetze“ gegen die Kurden vor.

Ein deutsches Unterstützerkomitee rief gestern zu einer Demonstration vor dem Amtsgebäude des Berliner Innensenators auf, deren Genehmigung anfangs als noch nicht sicher galt. Auf Anfrage der taz teilte aber ein Polizeisprecher mit, daß die Demonstration um 17 Uhr stattfinden könne. Bis zum Redaktionsschluß war die Demonstration trotz eines großen Poizeiaufgebots friedlich verlaufen. Heute will man die Aktion mit einer Feier im kurdischen Kulturzentrum in der Zossener Straße ausklingen lassen. Adrian Prechtel