Die Zwei vor dem Komma

■ Viele „Autogipfel“ – wenig Zukunft in Sicht

Während die Zahl der „Autogipfel“ zunimmt, nimmt die klare Sicht auf die wirklichen Probleme der PS-Gesellschaft bei den Beteiligten schon wieder ab. Gipfel, die diesen Namen verdienen, müßten sich um die Langzeitperspektive dieser Altindustrie kümmern. Ihre Leitfrage wäre, wie die Zukunft einer Branche aussieht, die für das abzulösende Modell der Industriegesellschaft steht.

Umrisse einer Antwort sind seit Jahren erkennbar: Kleiner, langsamer, kürzer muß das Auto werden. Und eine geringere Rolle für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger wird es spielen. Intelligentere Manager sprechen seit Jahren hinter vorgehaltener Hand von der Umwandlung der Autokonzerne in Mobilitätskonzerne.

Doch die „Gipfel“ – der vom vergangenen Freitag, der heute in Düsseldorf oder der geplante auf der Automobilausstellung in Frankfurt – werden diesen Ansprüchen nicht gerecht. Sie sind nicht perspektivisch, sie sind defensiv.

Die Auto-Bosse stellen dort nicht eine mögliche Zukunft der Branche zur Debatte, sie versuchen nur die Wahrung von Besitzständen zu erreichen: Keine Zwei vor dem Komma bei der Mineralölsteuer. Dabei haben sie die Landespolitiker als Bollwerk gegen die Gesellschaft gewonnen. Die Politiker denken an die kurzfristige Sicherung der Arbeitsplätze. Von Zukunft über den Wahltermin hinaus keine Spur.

Perspektivisch an den Gipfelgesprächen ist nur noch die Debatte um das Dreiliterauto. Doch die haben weder Konzernbosse noch Landespolitiker losgetreten, die hat die Gesellschaft ihnen aufgedrückt. Noch vor zwei Jahren prahlten die deutschen Autokonzerne mit immer schnelleren, immer PS-stärkeren Boliden. Dann zwang eine Greenpeace-Kampagne der Industrie die Debatte um das Dreiliterauto auf. Ein Jahr später verkündete einer der Geschäftsführer des Verbandes der Autoindustrie schon, daß alle Autohersteller in Deutschland noch vor dem Jahr 2000 mit einem Dreiliterauto in Serie gehen würden. Mercedes stieg bei Swatch ein. Opel will den 3,4-Liter- Corsa präsentieren, und die deutschen Autoimporteure haben in der vergangenen Woche angekündigt, daß auch sie beim Wettbewerb um das Dreiliterauto dabei sein wollen.

Vor diesem Hintergrund mutet die Zukunftsdebatte um Mineralölsteuer und Arbeitsplatzgarantien etwas unwirklich an. Zukunft hat die Branche nur, wenn es ihr gelingt, eine andere Zwei vor das Komma zu setzen – die Zwei beim Verbrauch. Hermann-Josef Tenhagen