Kein Wahlsieg ohne Kampf fürs Klima

■ In Genf wird ab Montag über den Inhalt eines internationalen Klima-Protokolls verhandelt

Berlin (taz) – Heute empfängt Claudia Quennet-Thielen, Leiterin der Klimaabteilung im Umweltbundesministerium, VertreterInnen des Deutschen Naturschutzrings (DNR). Die UmweltschützerInnen wollen darauf drängen, daß die deutsche Delegation bei der ersten Nachfolgekonferenz des Berliner Klimagipfels den schönen Worten von Kanzler Kohl auch Taten folgen läßt.

Am Montag treffen sich Abordnungen aus etwa 100 Ländern in Genf, um den weiteren Umgang mit dem Berliner Mandat zu beraten. Ihr Auftrag ist schwammig: Der Vorschlag für ein rechtlich bindendes Protokoll soll erarbeitet werden, der im Frühjahr 1997 fertig sein muß. Er soll sowohl „quantifizierte Begrenzungs- und Reduktionsziele“ enthalten als auch „bestimmte Zeithorizonte wie 2005, 2010 und 2020“ festlegen. Über die Verbindlichkeit der Verpflichtungen steht leider nichts in dem Papier.

In Genf geht es in den nächsten zwei Wochen darum, was bei den kommenden fünf Sitzungen überhaupt besprochen wird. Die USA wollen erreichen, daß zunächst weiter geforscht wird, bevor Ziele vereinbart werden. „Wir fordern, daß der Vorschlag der kleinen Inselstaaten nach einer 20prozentigen Reduzierung der CO2-Emissionen in den Industrieländern bis zum Jahr 2005 zur Verhandlungsgrundlage wird“, sagte gestern DNR-Sprecher Sascha Müller- Kraenner. Ganz wichtig sei, daß sowohl konkrete Reduktionsmengen als auch ein genaues Datum festgelegt würden. Zehn Jahre hält er für angemessen, weil das genügend Zeit zur Entwicklung von neuen Techniken läßt und zugleich die jetzt agierenden Politiker die Folgen ihrer Beschlüsse noch spüren würden. „Wenn man jetzt was für 2020 vereinbart, passiert erst einmal zwei oder drei Legislaturperioden gar nichts“, glaubt Müller-Kraenner.

Die Bundesregierung aber ist bisher nicht bereit, ein konkretes CO2-Minderungsziel für den internationalen Vertrag zu nennen – obwohl der Kanzler für Deutschland 25 bis 30 Prozent bis zum Jahr 2005 versprochen hat. „Wir vermuten, daß die Bundesregierung selbst nicht an die Erreichbarkeit glaubt und sich deshalb international nicht verpflichten will“, sagt Müller-Kraenner. Offiziell begründet wird die Position jedoch damit, daß nur ein gemeinsames Vorgehen mit den EU-Partnern Erfolg verspreche. „Wir können andere Staaten nicht drangsalieren, damit sie unserem Ziel folgen“, meinte gestern ein Sprecher des Bundesumweltministeriums.

Dennoch sieht der DNR Bewegung auf der Bonner Bühne. Immerhin werde jetzt über das Dreiliterauto und über Energiesteuern geredet. „Die Debatte ist ergebnisoffen. Aber die Politiker haben immerhin das Gefühl, daß sie was tun müssen“, meint der DNR-Sprecher und verweist auf CDU- Generalsekretär Peter Hintze, der einen Sieg bei der nächsten Bundestagswahl ohne Besetzung des Umweltthemas für unmöglich erklärte.

Den Hauptgrund für den Mißerfolg in Berlin sieht Müller- Kraenner denn auch darin, daß in den letzten Jahren in den Hauptstädten zu wenig Lobbyarbeit fürs Klima stattgefunden habe. „1997 wird es ein verbindliches Protokoll nur dann geben, wenn mindestens in der Hälfte der Industrieländer Energiesteuern eingeführt sind“, lautet seine Prognose. Annette Jensen