Einfarbig bunt für ein paar Mark mehr

■ Öffentlich-rechtliche Fernsehsender, Telekom, Bertelsmann und RTL stellen auf der Internationalen Funkausstellung eine gemeinsame Multimediagesellschaft vor. Das Kartellamt ist noch nicht informiert

Berlin/Bonn (AFP/taz) – Diesmal wollen auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Deutschlands dabei sein. Wenigstens als Feigenblatt vor den Kartellbehörden und als Aushängeschild für besorgte Eltern. ARD und ZDF haben gestern eine „Absichtserklärung“ unterzeichnet, daß sie sich wenigstens mit 7,5 Prozent an der Betriebsgesellschaft beteiligen, die in den nächsten Jahren die deutschen Haushalte digital nachrüsten will.

Der Fernseher wird zum Multimediaschirm, auf dem ebensogut Spielfilme wie Wochenendeinkäufe laufen können – beides gegen eine Gebühr, die systemgerecht ebenfalls online abgebucht wird. ARD und ZDF jedoch sind nur am Rande geduldet. Den Hauptanteil am Kapital der geplanten „Multimedia-Betriebsgesellschaft“ (MMBG) hält die Telekom, jeweils 15 Prozent sind reserviert für den Bertelsmann-Konzern und die Compagnie Luxembourgeoise de Télédiffusion (CLT), Mehrheitsbesitzerin von RTL, das mit 7,5 Prozent auch selbst beteiligt ist. Bescheidene 5 Prozent stehen noch „weiteren Partnern“ zur Verfügung, heißt es in der gestern veröffentlichten Erklärung. Die letzten 7,5 Prozent übernimmt der französiche Pay- TV-Sender Canal Plus, der wiederum eng mit dem Bertelsmann- Konzern verbunden ist.

Erst vor wenigen Monaten hatten die deutschen Kartellbehörden ein ähnlich gestricktes Projekt untersagt. Der Bertelsmann-Verlag, der Filmhändler Leo Kirch und die Telekom wollten unter dem Dach einer gemeinamen „Media-Service GmbH“ Programme und digitale Technik in einer Hand vermarkten. Konkurrenten – nicht zuletzt die öffentlich-rechtlichen Anstalten – hätten gegen diesen Verband kaum ein Chance gehabt.

Zu den jetzt veröffentlichten Nachfolgeplänen wollte das Bundeskartellamt gestern noch keine Stellung nehmen. Vor ein paar Wochen habe zwar ein Gespräch stattgefunden, erläutert der Behördensprecher, die Auskünfte seien aber „sehr wenig konkret“ gewesen. Ein Genehmigungsantrag liegt in Berlin noch nicht vor, angesichts der beteiligten Gesellschaften sei das wohl ein „Fall für Brüssel“.

In Berlin möchte sich das Kartell aber auf jeden Fall ins rechte Licht rücken. Nicht mit Antragsformularen, sondern auf Hochglanzpapier und mit Bildschirmdemonstrationen stellt sich die MMBG schon auf der Internationalen Funkausstellung vor, die am 26. August beginnt. „Offen, diskriminierungsfrei und zu vergleichbaren Konditionen“ werde die „technische Infrastruktur“ zur Verfügung gestellt, lobt sich die Telekom selber. Da sie zwar Hauptaktionärin sei, jedoch selbst keine Programme produziere, sei „sichergestellt, daß die Gesellschaft absolut neutral“ bleibe.

Wer dabei sein will, muß trotzdem bei Bertelsmann einkaufen, bevor er auf Sendung geht. Ohne die „Set-Top-Box“ von MMBG auf dem Fernseher – oder auch auf dem Heimcomputer – flimmert auf dem Bildschirm Zeichensalat, auch dann, wenn das gewählte Programm von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt produziert wurde. Die Scham ist vorbei, das „Secam“ genannte Gerät, das die Sendungen erst entschlüsselt, wenn die Gebühren überwiesen sind, hat der Bertelsmann-Verlag mit seinem Partner Canal Plus entwickelt. nh