Ein Tod auf dem Konto der Bremer Bürokratie

■ Sozialbehörden verschleppten über ein Jahr die Akte eines schwer leberkranken kurdischen Asylbewerbers, der dringend eine Lebertransplantation benötigt hätte

Bremen (taz) – Am 26. Juni starb der Kurde Celal Akan in einem Celler Krankenhaus an den Folgen einer Leberzirrhose. Die Bremer Behörden hätten den Tod des Asylbewerbers, der seit Februar 1994 in Bremen gelebt hatte, offenbar vermeiden können – wenn sie ihm nicht dringend notwendige medizinische Hilfe verweigert hätten. Seit März 94 hatten verschiedene Kliniken sowie das Bremer Hauptgesundheitsamt darauf gedrängt, bei Akan eine Lebertransplantation vorzunehmen. Die Operation scheiterte an den Mitarbeitern der Sozialbehörde, die die Verantwortung für die Kostenübernahme von 300.000 Mark von einer Ebene zur nächsten delegierten, ohne eine Entscheidung zu treffen.

Vorgestern erstattete der Verein „Solidarische Hilfe“ Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung, fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung. Zumindest eine Teilschuld nehmen die Behörden auf sich. Es seien „Verfahrensfehler vorgekommen, die nicht vorkommen dürfen“, räumte gestern Wolfgang Beyer, Sprecher der Bremer Sozialbehörde, ein. „Wir bedauern den Fehler sehr und wollen daraus lernen.“

Nachdem die Akte des yezidischen Asylbewerbers über Monate durch die Amtsstuben gereicht worden war, hatte sich im November 1994 auch Hans-Christoph Hoppensack, Staatsrat im Gesundheitsressort, eingeschaltet. Doch auch er verfügte keine Entscheidung, obwohl sich der Gesundheitszustand von Akan rapide verschlechterte. Wie das ARD-Magazin „Panorama“ gestern berichtete, bedauert heute auch Hoppensack. In einem Aktenvermerk heißt es: „Mit fällt auf, daß seit allerspätestens Oktober 1994 klar war, daß eine Leistungsverpflichtung bestand und dennoch keine Entscheidung getroffen wurde.“ Dies sei ein Fall „organisierter Unverantwortlichkeit“. Eine persönliche Schuld aber weist der Staatsrat zurück. Dora Hartmann