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: Zucker der Zeit

Wer sich in den Kältezonen des englischen Sarkasmus abgekühlt hat, darf sich hernach an ausgewählten Wärmequellen aus der „erotischen Dichtung des Barock“ erhitzen, die jetzt in einem schön aufgemachten Band gesammelt vorliegen. Er ist dunkelviolett auf weiß gedruckt, in einer Farbe mithin, wie man dem gelehrten Nachwort der Herausgeber entnehmen kann, die in der erotischen Barockpoetik für „Passion“ steht. In den Gedichten geht es aber erfreulicherweise recht epikureisch zu, wie etwa in dem Eröffnungstext von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau („Die Wollust“): „Die Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit / Was kann uns mehr denn sie den Lebenslauf versüssen? / Sie lässet trinckbar Gold in unsre Kehlen fliessen / und öffnet uns den Schatz beperlter Liebligkeit; / In Tuberosen kan sie Schnee und Eiß verkehren / Und durch das gantze Jahr/ die Frühlings-Zeit gewehren.“

„Die Entdeckung der Wollust. Erotische Dichtung des Barock“. Mit einem Nachwort herausgegeben von Joseph Kiermeier-Debre und Fritz Franz Vogel. dtv, 223 Seiten, 16,90 DM.