■ Mit Geheimdiensten auf du und du
: USA helfen Hackern

Berlin (taz) – Mit der rasanten Entwicklung der Computer rüsten auch die Hacker auf. Vorbei die Zeit, als ein 15jähriger mit einem Amiga das Paßwort knackte. Beim neuesten spektakulären Hack liefen an der Pariser Eliteuniversität École Polytechnique 120 machtvolle Workstations – die Computerklasse über den Personalcomputern – parallel, unterstützt von zwei Supercomputern. Ein Wettbewerb im Internet hatte den Ehrgeiz eines Studenten geweckt. Im Internet- Diskussionsforum „Cypherpunks“ wurde vor einem Monat dazu aufgerufen, den Programmiercode des derzeit berühmtesten Suchprogramms für die bebilderte Abteilung des Internet zu knacken: die Software der US-Firma Netscape Communications. 75 Prozent aller Nutzer blättern sich mit Netscape durch das World Wide Web (WWW).

Acht Tage arbeitete die gesamte Rechner-Armada an dem Problem, dann war die Verschlüsselung des Programms durchbrochen. Das gelang trotz des großen Aufwands nur, weil die amerikanischen Geheimdienste enge Regeln für die Codierung von Programmen setzen: In den USA dürfen Firmen Schlüssel mit einer Länge von 128 digitalen Stellen, also 128 bit, verwenden. Sobald Software oder Nachrichten die Grenze überschreiten, dürfen sie jedoch nur mit 40-bit-Schlüsseln bearbeitet werden. Damit sind sie für gutausgerüstete Computerbesitzer in einem vernünftigen Zeitrahmen zu knacken. Die 128-bit-Codierung würde hingegen einige tausend Jahre Rechenzeit benötigen.

Mit dieser Export-Beschränkung werden die Produkte der eigenen Firmen anfällig für Software-Piraten. Das weiß auch die US-Regierung. Ihr ist jedoch wichtiger, daß ihre eigenen Geheimdienste jede Meldung knacken können, die ins Ausland geht. Offiziell, damit Mafia-Banden oder Terroristen leichter zu überwachen sind. Andererseits fallen so auch die Nachrichten anderer Dienste durch ihre starke Verschlüsselung sofort auf. Wenn jede Firma ihre Daten im langen Code senden würde, gingen die Meldungen der schwarzen Schafe unter.

Nun ist der genaue Aufbau der Netscape-Software bekannt, denn in alter Einer-für- alle-Manier veröffentlichte der französische Student sein Ergebnis sofort im Forum Cypherpunks. Wie sich das auf das Geschäft von Netscape auswirkt, ist noch unklar. Die Firma war letzte Woche an die New Yorker Börse gegangen und hatte für einen beispiellosen Run auf die Aktien gesorgt: Am ersten Tag explodierte der Kurs von anvisierten 20 Dollar auf über 70. Damit hatte das Unternehmen, das bisher keinen Profit machte und nur von seiner bisher gratis verteilten Software leben will, mehr Anlegergelder gewonnen als so traditionsreiche Firmen wie der Rüstungskonzern General Dynamics. rem