Der „fremde Blick“ auf Bremen

■ „StadtFluß-Container“ will neue Impulse für die Entwicklung der Stadt geben / Nachdenken über Stadtplanung auf schwankenden Planken

Es war ein beschwerlicher Weg, den die BesucherInnen der ersten „StadtFluß-Container“-Veranstaltung am letzten Samstag auf sich nahmen. Über eine steile Gangway ging es vom Kai der Bremer Vulkan Werft hinunter in das Segelschulschiff „Deutschland“, die mitten im Umbau ist. Im Mittelpunkt des Treffens stand denn auch der beschwerliche Weg der Stadt und ihrer BewohnerInnen zu ihrem Fluß. Dazu eingelanden hatten der Designer Uwe Burchard und der Architekt Dieter Schmal. Sie gehören einer Arbeitsgruppe an, die bereits 1993 im Auftrag des damaligen Stadtentwicklungs-Senators Ralf Fücks ins Leben gerufen worden ist. Die Veranstalter wollen neue Möglichkeiten der Kommunikation schaffen zwischen Kaufleuten, StadtplanerInnen, Designern, kurz: allen, die an der Stadtplanung und -entwicklung interessiert sind. „Wir wollen uns als ein Labor verstehen, wo durch Gespräche, Vorträge und Diskussionen Strukturen entstehen, die den Mythos „Stadt-Fluß“ wieder aufleben lassen,“ so Dieter Schmal.

Bereits 1993 hatte sich beim Symposium „Stadt am Fluß“ gezeigt, daß die verschiedenen Interessenvertreter sich schlecht einigen können. Jetzt soll alles anders werden. „Container“ wird denn auch von den Veranstaltern als Metapher für dieses neue Labor verstanden. „Eine alte Diskussion braucht nun neue Impulse, das bedeutet auch auch neue Betrachtungspunkte“, so die Veranstalter.

Dieses erste Treffen stand ganz im Zeichen des „fremden Blicks“. Andreas Brandolini, Designer und Architekt aus Saarbrücken und Gregor Eichinger, Architekt aus Wien wurden im Vorfeld auf eine Rundreise durch Bremen geschickt. Und sie staunten nicht schlecht, als sie durch das Hafenrevier schlenderten: „Das sind riesige Gebiete in einem desolaten Zustand. Wie soll man da bauen und vor allem Menschen finden, die dort leben und arbeiten wollen?“ Oft ginge man bei der Planung von riesigen Projekten aus, man solle doch im Kleinen anfangen, kritisierte Brandolini. Zum Beispiel die Vorstellung des Weserbusses: „Wieso will man eigentlich gleich so ein schnelles Boot? Man kann doch auch mit einem langsameren anfangen.“

Angetaner von der Stadt war dagegen der Wiener Eichinger. Es gebe sehr schöne Ecken in Bremen, es gelte nun solche Nischen zu entdecken und sie als Ausgangspunkt für neue Planungsvorhaben zu benützen.

Windi Winderlich, Designer aus Hamburg, plädierte dafür, die Weser als „Hauptstraße“ der Stadt zu betrachten. So könne der Fluß ins Blickfeld größerer Ideen gerückt werden. Bremen biete zwar die Vorteile einer Großstadt, weniger aber deren Nachteile. Dennoch fehle es ihr an großen Ideen und Attraktionen, wie etwa die Expo in Hannover oder die Dokumenta in Kassel. „Man braucht ein Marketingkonzept, um die Stadt für Außenstehende attraktiv zu machen“, so Winderlich.

Damit zog er die Kritik des vierten Referenten Burkhard Grasshorn, Architekt aus Oldenburg, auf sich, der die Probleme in eben solchen Marketingkonzepten sieht. Dabei enstehe immer der Gegensatz zwischen Kreativität und politischer Macht. Man müsse wegkommen von Wettbewerben bei Stadtplanungen, da dadurch nur Mittelmaß produziert würde. Es gelte, ästhetische und politische Prozesse zusammenzubringen.

Richtig philosophisch wurde es in der anschließenden Diskussion. Es fehle den BremerInnen an eine geistige Haltung gegenüber ihrer Stadt. Der fehlende Integrationswille und Kommunikationssysteme sowie eine übertriebene Moral führten dazu, daß man bei Entscheidungen immer nach dem Prinzip der Risikovermeidung verfahre. „Wir müssen die Kulturschranken überbrücken um etwas in Bewegung zu bringen,“ so Robert Bücking, als Viertelbürgermeister auch für die City zuständig. In seinem Zuständigkeitsbereich herrsche um jeden Meter an der Weser ein regelrechter Kampf. Man müsse auch mit den großen Firmen reden, die teilweise riesige Gebiete für mögliche Expansionen brachliegen lassen.

Von den großen Unternehmern war am Samstag keiner anwesend, doch es ist Ziel der Veranstaltungsreihe, sie für den gemeinsamen Diskurs zu gewinnen. Es wurden wenig konkrete Vorschläge gemacht auf dieser ersten Veranstaltung des „StadtFluß-Containers“, dennoch zeigte sich, daß der Wille da ist, neue Impulse zu geben, um das städtische Leben wieder enger mit der Weser zu verbinden. Bei brütender Hitze wurde vier Stunden lang auf dem Schiff diskutiert. Stoisch ertrugen die Anwesenden auch die starken Schwankungen, die durch vorbeifahrende Schiffe ausgelöst wurden. Zumindest diese BremerInnen haben gezeit, daß sie entschlossen sind, wieder Richtung Fluß zu gehen. Luigi La Grotta